Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweilige Verfügung/Arrest
Leitsatz (amtlich)
1. Der Abbruch einer Betriebsratswahl im Wege der einstweiligen Verfügung kommt in der Regel dann nicht in Betracht, wenn bei Durchführung der Betriebsratswahl lediglich mögliche Anfechtungsgründe nicht ausgeschlossen werden können und bei Abbruch der Betriebsratswahl eine betriebsratslose Zeit entstehen würde.
2. Der Wahlvorstand kann seine Entscheidung über die Gültigkeit eines Wahlvorschlags jedenfalls dann korrigieren, wenn dadurch Wahlanfechtungsgründe entfallen und hierbei die Wochenfrist nach § 10 Abs. 2 WO gewahrt bleibt.
3. Eine Prüfung der Wahlvorschläge ist jedenfalls dann unverzüglich im Sinn des § 7 Abs. 2 Satz 2 WO, wenn diese Prüfung noch am Tag der Einreichung der Wahlvorschläge erfolgt.
4. Ein Wahlvorschlag einer Gewerkschaft im Sinn des § 14 Abs. 5 BetrVG 2001 liegt nicht vor, wenn für den Wahlvorstand nicht erkennbar ist, dass der Wahlvorschlag auch als Wahlvorschlag einer Gewerkschaft eingereicht werden sollte.
5. Eine Anfechtungsberechtigung gegen Entscheidungen des Wahlvorstands haben (anders als bei der Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 BetrVG) auch einzelne Arbeitnehmer, deren aktives oder passives Wahlrecht betroffen ist.
Normenkette
BetrVG 2001 §§ 14, 19; WO zum BetrVG § 7; WO zum BetrVG § 10; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 08.03.2002; Aktenzeichen 3 BVGa 2/02 C) |
Tenor
I.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg vom 08.03.2002, Az. 3 BVGa 2/02 C wird aufgehoben.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird mit Haupt- und Hilfsantrag zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller, die Industriegewerkschaft Metall sowie die auf der Wahlvorschlagsliste der IG Metall zuerst genannten Wahlbewerber M. und B. begehren im Weg der einstweiligen Verfügung dem Antragsgegner zu untersagen, die für den 14.03.2002 anberaumte Wahl des Betriebsrats im Betrieb der Beteiligten durchzuführen, hilfsweise, dem Antragsgegner, dem Wahlvorstand aufzugeben, die Liste „IG Metall” mit deren 36 Wahlvorschlägen zur Betriebsratswahl am 14.03.2002 zuzulassen.
Im Wahlausschreiben des Wahlvorstands vom 30.01.2002 wurde bestimmt, dass Wahlvorschläge bis spätestens 13.02.2002, 16.00 Uhr einzureichen seien. Am letzten Tag der Frist gingen zwei Wahlvorschläge ein, nämlich der streitbefangene Vorschlag der Liste IG Metall und ein Wahlvorschlag mit dem Kennwort „unabhängige Kandidaten”. Vom Vorsitzenden des Wahlvorstands wurde bestätigt, dass der Vorschlag der Liste IG Metall am 13.02.2002 um 09.00 Uhr eingereicht wurde. Am selben Tag um 16.15 Uhr trat der Wahlvorstand zu einer Sitzung zusammen und stellte fest, dass zwei Listen eingereicht worden seien, nämlich um 09.00 Uhr die Liste IG Metall und um 13.21 Uhr die Liste unabhängige Kandidaten. Die Liste der IG Metall wurde beanstandet, da die Stützunterschriften Nr. 36 bis 69 und die Liste der Vorschläge nicht zusammenhingen, sondern zwei Blätter vorlagen. Diese wurden im Beisein aller Wahlvorstände mit einem Hefter zusammengeklammert. Es wurde mit vier Ja-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen, die Liste trotz Mängel anzuerkennen. Die Antragstellerin B. war seinerzeit Mitglied des Wahlvorstandes. Sie hat am 28.02.2002 schriftlich ihren Rücktritt erklärt. Der weitere Antragsteller M. war Ersatzmitglied des Wahlvorstandes und hat am 04.03.2002 sein Amt ebenfalls niedergelegt.
Am 15.02.2002 erfolgte durch den Wahlvorstand, der nunmehr noch aus drei Personen besteht, die Bekanntmachung, dass zwei gültige Wahlvorschlagslisten eingereicht worden seien, nämlich der Wahlvorschlag unter dem Kennwort unabhängige Kandidaten als Liste 1 und der Wahlvorschlag der IG Metall als Liste 2. Am 28.02.2002 gab der Wahlvorstand einen Beschluss vom 27.02.2002 bekannt, wonach die eingereichte Liste der IG Metall (Liste 2) trotz bereits erfolgter Veröffentlichung nicht zur Wahl zugelassen werden könne. Wegen des weiteren Inhalts der Bekanntmachung wird auf die vorliegende Kopie verwiesen. Die Antragstellerin B. und der Antragsteller M. legten unter dem 28.02.2002 gegen den Beschluss des Wahlvorstands vom 27.02.2002, die IG Metall-Liste nicht zur Betriebsratswahl zuzulassen, Einspruch ein, der am 04.03.2002 zurückgewiesen wurde.
Mit Schriftsatz vom 05.03.2002 beantragten die Antragsteller mit dem Hauptantrag, dem Wahlvorstand als Antragsgegner zu untersagen, die für den 14.03.2002 anberaumte Wahl des Betriebsrats im Betrieb der weiteren Beteiligten durchzuführen, hilfsweise, dem Antragsgegner aufzugeben, die Liste IG Metall mit deren 36 Wahlvorschlägen zur Betriebsratswahl am 14.03.2002 zuzulassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragsteller seien in ihren Rechten verletzt, da der Antragsgegner einerseits nicht die pflichtgemäße Prüfung der Ordnungsgemäßheit des eingereichten Wahlvorschlags vorgenommen habe, andererseits auf Grund der durch Beschluss vom 13.02.2002 erfolgten Zulassung des Wahlvorschlags IG Metall einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Bei ...