Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
1. Ein jugendlicher Zeuge kann gegen einen Ordnungsgeldbeschluss wegen Nichterscheinens vor Gericht selbständig Beschwerde einlegen.
2. Bei der Entscheidung, ob ein Ordnungsgeld verhängt wird und wie es gegebenenfalls zu bemessen ist, sind die §§ 46 Abs. 1 OWiG, 3 Abs. 1 JGG entsprechend anzuwenden.
Normenkette
ZPO § 380 Abs. 1, 3, § 52
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 08.09.1998; Aktenzeichen 2 Ca 171/98) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Zeugen C. wird der Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 08.09.1998 abgeändert und wie folgt gefasst:
Der Zeuge C. wird wegen Nichterscheinens zu einem Ordnungsgeld von DM 250,– (in Worten: Deutsche Mark zweihundertfünfzig) und für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit zu einer Ordnungshaft von einem Tag verurteilt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Der am … 1982 geborene Beschwerdeführer wurde ordnungsgemäß gemäß Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 06.07.1998 als Zeuge zum Termin vom 08.09.1998 geladen. Er ist nicht erschienen. Das Arbeitsgericht hat ihn zu einem Ordnungsgeld von DM 500,– und für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit zu einer Ordnungshaft von zwei Tagen verurteilt. Im weiteren Verfahren hat sich der Zeuge damit entschuldigt, dass er erst am 07.09.1998 in der Nacht von einem mehrwöchigen Aufenthalt in der Heimatstadt Ienebolu am Schwarzen Meer zurückgekommen sei und dadurch den Termin vergessen habe. Die zur Glaubhaftmachung angekündigte Vorlage von Reiseunterlagen erfolgte nicht. Mit der Beschwerde macht der Beschwerdeführer wiederum dieselbe Entschuldigung geltend, ohne dass die angekündigte Vorlage von Reiseunterlagen erfolgte. Daher hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 15.06.1999 der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beschwerde ist gemäß § 380 Abs. 3 ZPO statthaft. Der Beschwerdeführer ist, jedenfalls mit Beschränkung auf ein Rechtsmittel gegen den Ordnungsgeldbeschluss, gemäß § 52 ZPO prozessfähig. Einem Jugendlichen, der mit einem Ordnungsgeldbeschluss belegt worden ist, muss das Recht zugestanden werden, selbständig Beschwerde einzulegen, sofern er strafmündig ist. Hier hat schon das frühere Oberlandesgericht Neustadt im Beschluss vom 02.02.1961, 3 W 14/61, NJW 61 Seite 885 entschieden, dass für den Fall der Bestrafung wegen Ungebühr eine jugendliche, prozessunfähige Partei selbständig Beschwerde einlegen kann, sofern sie nur strafmündig ist. Der Ordnungsgeldbeschluss gegen den Zeugen soll eine Ordnungswidrigkeit ahnden. Soweit kann das Ordnungswidrigkeitsgesetz ergänzend herangezogen werden. Nach § 67 Abs. 1 OWiG kann der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einlegen. Nach § 67 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 298 Abs. 1 StPO kann der gesetzliche Vertreter eines Beschuldigten binnen der für den Beschuldigten laufenden Frist selbständig von den zulässigen Rechtsmitteln Gebrauch machen. Diese Vorschrift wäre überflüssig, wenn der beschränkt geschäftsfähige Beschuldigte nicht selbständig Rechtsmittel einlegen dürfte.
Die Beschwerde ist begründet. Das Arbeitsgericht konnte bei Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht wissen, dass der Zeuge minderjährig ist. Bei einem minderjährigen Zeugen ist zunächst zu prüfen, ob er strafmündig ist. § 46 Abs. 1 OWiG verweist hier auf das Jugendgerichtsgesetz. Gemäß § 3 Abs. 1 JGG ist ein Jugendlicher strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Der Beschwerdeführer selbst trägt solche Umstände nicht vor. Gegen eine Schuldunfähigkeit spricht der Umstand, dass der Zeuge im Termin vom 16.03.1999 zu einer vernünftigen Aussage in der Lage war. Das Verhalten des Zeugen während des Prozesses spricht aber dafür, dass in dem Zeugen eine innere Sperre vorhanden gewesen sein musste, zum Gericht zu gehen und auszusagen. Es liegt wohl nicht nur jugendlicher Leichtsinn vor. Insbesondere fällt auf, dass der Zeuge erst nach entsprechender Belehrung durch den Gerichtsvollzieher F. zum Termin erschienen ist. Eine Unterstützung durch die Erziehungsberechtigten ist offensichtlich nicht gegeben. Einmal hat für ihn eine Frau A. angerufen und ihn entschuldigt. Wer Frau A. ist, ist nicht bekannt. Um die Einlegung der Beschwerde haben sich die Erziehungsberechtigten auch nicht gekümmert. Das Arbeitsgericht konnte bei der Festsetzung des Ordnungsgeldes diese Umstände nicht berücksichtigen. Es erscheint daher angezeigt, das Ordnungsgeld und die ersatzweise ausgesprochene Ordnungshaft auf die Hälfte zu reduzieren.
Soweit die Beschwerde zur Hälfte erfolglos geblieben ist, trägt der Beschwerdeführer auch zur Hälfte die Kosten des Rechtsmittels gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Ein weiterer Kostenausspruch ist nicht veranlasst, da ein Beschwerdegegner nicht vorhanden ist.
Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt (§ 78 Abs. 2 ArbG...