Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen einen unentschuldigt nicht erschienen Zeugen in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Der durch ein privatärztliches Attest belegte Umstand, der Zeuge sei am Verhandlungstag arbeitsunfähig gewesen, genügt nicht, um ein Ausbleiben im Beweistermin zu entschuldigen.
2. Eine Rechtsmittelbelehrung ist nur dann ordnungsgemäß im Sinne von § 9 Abs. 5 ArbGG, wenn sie durch die für die Entscheidung zuständigen Richter unterschrieben ist.
Normenkette
ZPO § 381
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 01.07.2024; Aktenzeichen 37 Ca 12027/22) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Zeugen gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 22. April 2024 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. Juli 2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das Arbeitsgericht. Er war als Zeuge zu Terminen am 17. November 2023 und 12. April 2023 geladen. Zu beiden Terminen erschien der Zeuge ohne vorherige Entschuldigung nicht. Die Ladung zum 12. April 2024 ist ihm sowohl am 21. März als auch am 30. März 2024 zugestellt worden. Mit Beschluss vom 22. April 2024 hat das Arbeitsgericht daraufhin ein Ordnungsgeld in Höhe von 400 Euro gegen ihn verhängt. Der Ordnungsgeldbeschluss, welcher als Rechtsmittelbelehrung den Hinweis "Rechtsmittel: Sofortige Beschwerde Zeugen" beinhaltet und von dem sich in der Akte keine Abschrift findet, ist dem Zeugen am 27. April 2024 zugestellt worden. Er hat hiergegen bei dem Arbeitsgericht (Rechtsantragsstelle) am 29. Mai 2024, einem Mittwoch, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, dass er zu dem Termin am 22. April 2024 zwar ordnungsgemäß geladen worden sei. Den Termin habe er jedoch aufgrund einer Erkrankung nicht wahrnehmen können. Eine Bescheinigung habe er in dem erneut zur Beweisaufnahme anberaumten Termin am 29. Mai 2024 eingereicht. Der Beschluss nehme im Übrigen Bezug auf einen Termin vom 11. November 2023, zu dem er auch nicht erschienen war. Das solle nunmehr für die Höhe des Ordnungsgeldes maßgeblich sein. Die Ladung zu dem Termin habe er aber seinem Arbeitgeber, der Deutschen Post AG, übergeben, welche ihm zugesagt habe, sich darum zu kümmern. Es gehe daher nicht zu seinen Lasten, dass er den Termin nicht habe wahrnehmen können.
Das Arbeitsgericht hat die Beschwerde als unzulässig angesehen, ihr aber teilweise abgeholfen und das Ordnungsgeld mit Beschluss vom 1. Juli 2024 auf die Hälfte (200 Euro) reduziert.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 12. April 2024 ist zulässig, aber unbegründet.
1) Gegenstand der Beschwerde war der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 22. April 2024. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Zeuge u.a gegen die Ausübung des Ermessens seitens des Arbeitsgerichts, indem er geltend macht, bei der Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes dürfe das Ausbleiben im Termin am 17. November 2023 keine Berücksichtigung finden. In dem Beschluss vom 22. April 2024 ging es noch nicht um eine Entschuldigung für das Ausbleiben in den Terminen. Dazu gab es seitens des Klägers noch keinen Vortrag, über den das Arbeitsgericht hätte befinden können.
2) Soweit das Gesuch des Zeugen in seinem Antrag vom 29. Mai 2024 danach als Beschwerde nach § 380 Abs. 3 ZPO auszulegen ist, ist diese entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts zulässig. Der Zeuge war nicht gehindert, auch noch nach Ablauf der Frist des § 569 ZPO Beschwerde einzulegen. Die Frist war durch den Beschluss vom 22. April 2024 nicht in Gang gesetzt worden. Es fehlte an einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung.
a) Eine Rechtsmittelbelehrung ist nur dann ordnungsgemäß im Sinne von § 9 Abs. 5 ArbGG, wenn sie durch die für die Entscheidung zuständigen Richter unterschrieben ist. Die Unterschrift muss den zu unterzeichnenden Text abschließen. Sie wird daher unter den fertigen Text gesetzt. Dies ist durch eine andere Handhabung nicht sichergestellt (vgl. BAG 15. Mai 1984 - 1 AZR 532/80, Rn. 7; 30. September 1998 - 5 AZR 690/97, Rn. 14).
b) Die Urschrift des Beschlusses vom 22. April 2024 enthält nicht die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung. Es heißt lediglich: "Rechtsmittel: Sofortige Beschwerde Zeugen". Es liegt insoweit keine durch den Vorsitzenden unterschriebene Rechtsmittelbelehrung vor. Eine derartige Formulierung genügt nicht den Anforderungen, die das Gesetz an eine Rechtsmittelbelehrung stellt. Die Rechtsmittelbelehrung ist Bestandteil der Entscheidung. Sie muss so unterschrieben sein, wie das für die entsprechende Entscheidung gilt (Düwell/Lipke-Reinfelder § 9 ArbGG, Rn. 64). Die Formulierung darf nicht aufgrund von stichwortartigen Angaben dem Geschäftsstellenpersonal überlassen bleiben. Die von der Geschäftsstelle ausformulierte Rechtsmittelbelehrung wird durch die richterliche Unterschrift nicht mehr gedeckt. Eine Ausfertigung mit vollständiger Rechtsmittelbelehrung darf...