Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilunwirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist hinsichtlich etwaiger Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz
Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt eine Ausschlussfrist Ansprüche wegen des gesetzlichen Mindestlohns nicht aus, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Ausschlussfrist. Die Ausschlussfrist ist vielmehr nur insoweit unbeachtlich, als Ansprüche auf Mindestlohn tangiert sind.
2. Auf Überstunden ist die Regelung des § 2 Absatz 2 MiLoG analog anzuwenden.
Normenkette
MiLoG §§ 3, 2 Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; BGB §§ 134, 139, 202 Abs. 1, §§ 242, 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, § 309 Nr. 7, § 611 Abs. 1; MiLoG § 2 Abs. 2 S. 1, § 3 S. 1; BUrlG § 11
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 09.02.2017; Aktenzeichen 11 Ca 340/16) |
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 06.10.2016; Aktenzeichen 11 Ca 340/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.10.2016 und gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.02.2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Überstunden und Urlaubsabgeltung.
Der Kläger war vom 01.01.2014 bis 31.07.2015 bei der Beklagten beschäftigt. Die monatliche Vergütung betrug zuletzt 4.361,00 € brutto.
Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde. Nach dessen § 5 hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 28 Tagen im Jahr.
§ 10 des Arbeitsvertrags lautet:
Ansprüche beider Parteien aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Entscheidend ist der Zugang des Schreibens. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden.
Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder äußert sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Geltendmachung, so ist der Anspruch innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bzw. Ablauf der Zweiwochenfrist bei Gericht anhängig zu machen. Anderenfalls ist der Anspruch verfallen und kann nicht mehr geltend gemacht werden.
Mit Schreiben vom 14.09.2015 (Bl. 55 d.A.) machte der Kläger gegenüber dem Beklagten geltend, es seien 4 Urlaubstage aus 2014 und 28 Urlaubstage aus dem Jahr 2015 mit einem Betrag von insgesamt 6.387,52 € abzugelten.
Ferner forderte er 4.671,88 € brutto als Abgeltung von 182,25 Überstunden.
Der Beklagte wandte mit Schreiben seines Prozessvertreters vom 28.09.2015 (Bl. 57 d.A.), dem Prozessvertreter des Klägers per Fax am selben Tag zugegangen, bezüglich der 4 Urlaubstage aus dem Jahr 2014 ein, diese seien verfallen, der Anspruch auf Urlaubsabgeltung belaufe sich daher maximal auf 5.589,08 € brutto, wobei er sich die Überprüfung der übrigen Parameter vorbehalte. Der Anspruch bezüglich der Überstunden wurde zurückgewiesen. Darüber hinaus wurde die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 6.245,43 € erklärt.
Am 28.10.2015 fand zwischen den Prozessvertretern der Parteien ein Telefonat statt. In dem Telefonat erklärte der Prozessvertreter des Klägers, er sei beauftragt, das arbeitsrechtliche Klageverfahren anhängig zu machen. Der Prozessvertreter des Beklagten unterbreitete den Vergleichsvorschlag, dass der Beklagte bei Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche noch einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € brutto abrechne und vergüte.
Am 25.11.2015 fand ein weiteres Telefonat zwischen den Prozessvertretern statt. Die Prozessvertreter vereinbarten, beim Kläger nachzufragen, ob Vergleichsbereitschaft bezüglich eines Betrags von 5.000,00 € brutto bestünde.
Unter dem 26.11.2015 (Bl. 89 d.A.) teilte der Prozessvertreter des Klägers seinem Mandanten mit, er sei mit Herrn Rechtsanwalt D. so verblieben, dass er dem Kläger das modifizierte Vergleichsangebot der Gegenseite mitteile und vor Klageeinreichung mit ihm Rücksprache halte.
Dem Beklagten wurde seitens des Klägers ein Gegenangebot in Höhe zwischen 7.500,00 € brutto und 8.000,00 € brutto gemacht. Diesen lehnte der Beklagte am 15.01.206 per Fax ab.
Der Kläger erhob am 21.01.2016 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg, mit der er die Abgeltung für nicht genommenen Urlaub aus den Jahren 2014 und 2015, die Bezahlung von Überstunden sowie die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses geltend machte.
Das Arbeitsgericht Nürnberg wies die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für Urlaub aus 2014 und Überstunden mit Teilurteil vom 06.10.2016 ab, die übrigen Ansprüche wies es mit Schlussurteil vom 09.02.2017 ab.
Bezüglich der Urlaubstage aus dem Jahr 2014 wies das Erstgericht die Klage mit der Begründung ab, der Urlaubsanspruch sei bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits verfallen gewesen. Den Anspruch auf Vergütung von Überstunden verneinte es, weil der Kläger diese nicht ausreichend substantiiert dargelegt habe. Die Klageanträge hinsichtlich der Urlaubsabgeltung für 2015 und der Erteilung ein...