Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Erfolgsbeteiligung. Auslegung von Erklärungen auf einer Abteilungsversammlung. Darlegungs- und Beweislast für die Ausübung billigen Ermessens. Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
1. Haben die Arbeitsvertragsparteien vereinbart, der Arbeitnehmer erhalte zu seinem Gehalt eine Erfolgsbeteiligung, deren Höhe sich nach dem Betriebsergebnis richte, so hat der Arbeitgeber die Erfolgsbeteiligung nach billigem Ermessen festzulegen.
2. Stellt der Arbeitgeber auf einer Versammlung ein bestimmtes, künftig anzuwendendes System der Berechnung der Erfolgsbeteiligung vor, so hat er eine Leistungsbestimmung getroffen, in der Regel aber keine den Arbeitsvertrag ändernde Gesamtzusage abgegeben.
3. Hat der Arbeitgeber dieses System einige Jahre angewendet, so hat er bei einer Neu-Festlegung im einzelnen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, warum nunmehr diese neue Festlegung billigem Ermessen entspricht. Legt er dies nicht dar, kann das Gericht davon ausgehen, dass das alte System weiterhin der Billigkeit entspricht.
Normenkette
BGB §§ 133, 315
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Urteil vom 24.03.2000; Aktenzeichen 4 Ca 1523/97 C) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – Az. 4 Ca 1523/97 C – vom 24.03.2000 teilweise abgeändert:
Die Beklagte hat an den Kläger über den in Ziff. 1 des Endurteils zugesprochenen Betrag hinaus weitere EUR 3.107,08 brutto nebst 4% Zinsen aus 1.720,08 EUR seit 31.08.1995 und 4% Zinsen aus EUR 1.386,62 seit 31.08.1986 zu zahlen.
Im übrigen – hinsichtlich der weitergehenden Zinsen – wird die Klage des Klägers abgewiesen.
II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf EUR 22.847,29 festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Pflicht eines ehemaligen Arbeitgebers zur Zahlung einer höheren Erfolgsbeteiligung an den Arbeitnehmer.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 01.01.1991 am Standort X. als Syndicus beschäftigt. Er hatte den Status als leitender Angestellter. Im Anstellungsvertrag für außertarifliche Mitarbeiter vom 26.06.1990 finden sich, soweit vorliegend von Interesse, folgende Regelungen (Anlage zur Klageschrift, Bl. 18 ff. d.A.):
„2. Bezüge
Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie ein Jahresgrundgehalt in Höhe von brutto DM 135.000,– …
…
Sie erhalten als außertariflicher Mitarbeiter eine Erfolgsbeteiligung. Deren Höhe bemißt sich nach dem im Vorjahr erwirtschafteten Betriebsergebnis. Das System zur Ermittlung der Erfolgsbeteiligung unterliegt der Beschlußfassung durch die Gesellschafterversammlung.
Die Erfolgsbeteiligung ist spätestens mit der übernächsten Gehaltsabrechnung nach Feststellung der Bilanz durch die Gesellschafter fällig. Sie wird im Eintritts- und Austrittsjahr entsprechend der aktiven Tätigkeit gezahlt.
Bei Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Monaten vermindert sich die Erfolgsbeteiligung ebenfalls zeitanteilig.
Für das Jahr 1991 erhalten Sie eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von DM 27.000,– (in Worten: Deutsche Mark siebenundzwanzigtausend). Die Auszahlung erfolgt mit dem Dezember-Gehalt.”
Im Jahr 1991 erhielt der Kläger mit dem Dezember-Entgelt die vertraglich vereinbarte Erfolgsbeteiligung ausgezahlt.
Am 08.01.1992 fand auf Einladung des Sprecherausschusses für die leitenden Angestellten eine Versammlung der leitenden Angestellten statt. Auf dieser Versammlung stellte der seinerzeitige Personalleiter R. ein System zur Berechnung der Erfolgsbeteiligung vor. Hierbei erläuterte er die Berechnungsmethode anhand einer Graphik (Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 27 d.A.). Diese Graphik beinhaltet ein Raster mit den Seitenfaktoren „Netto-Betriebsergebnis in % von Betriebsleistung” und „Gehälter EB”. Die eingezeichnete Linie sieht bei Betriebsergebnis 0% keine Erfolgsbeteiligung vor, bei einem Betriebsergebnis von 0,0 bis 2,0% – nur flach ansteigend – eine Erfolgsbeteiligung von bis zu 0,5 Gehältern. Ab einem Betriebsergebnis von 2,0% steigt die Linie dann linear stark an. Raster und Linie enden bei einem Betriebsergebnis von 6,0% mit 4,5 Gehältern. Eine Ablichtung der Graphik wurde an die anwesenden leitenden Angestellten verteilt. Die genauen Einzelheiten der von Personalleiter R. und stellvertretendem Personalleiter Dr. K. gemachten Aussagen auf dieser Versammlung sind zwischen den Parteien streitig.
Hinsichtlich der Erfolgsbeteiligung für das Jahr 1992 erhielt der Kläger wie die anderen leitenden Angestellten ein Schreiben der Geschäftsleitung vom 12.08.1993. In diesem Schreiben (Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 28 d.A.) ist folgendes ausgeführt:
„in ihrer Versammlung am 09.07.1993 haben unsere Gesellschafter die Gewährung einer Ergebnisbeteiligung für alle Mitarbeiter der Y.-Unternehmen beschlossen.
Aufgrund des erfreulicherweise gegenüber dem Vorjahr deutlich verbesserten Betriebsergebnisses ergibt sich auf...