Entscheidungsstichwort (Thema)
Formerfordernis für den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil. Erfüllung der gesetzlichen Schriftform bei einem Computerfax
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Übermittlung von Schriftstücken wie z.B. dem Einspruch gegen ein Versäumnisurteil, die elektronisch erstellt und versandt werden, ohne dass ein Originalschriftsatz vorhanden ist - wie dies bei einem Computerfax der Fall ist -, ist eine eigenhändige Unterschrift nicht erforderlich.
2. Bei einem Computerfax ist nur eine eingescannte Unterschrift oder eine Unterschrift per Pad möglich. Ein solcher Text kann nicht mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen werden. Der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, wird auch bei der elektronischen Übermittlung eines Schriftsatzes per Computerfax gewahrt.
Normenkette
ZPO § 130 Nr. 6, § 341
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 21.07.2020; Aktenzeichen 7 Ca 6237/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 21.07.2020, Az. 7 Ca 6237/19, aufgehoben.
2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Arbeitsgericht Nürnberg zurückverwiesen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um gegenseitige Ansprüche aus einem durch ordentliche Arbeitnehmerkündigung beendeten Arbeitsverhältnis.
Die Beklagten sind die Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die ein Café in S... betreiben. Der Kläger war dort als Koch zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von € 2.400,-- in der Zeit von Juni 2018 bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30.11.2019 beschäftigt.
Mit vorliegender Klage vom 28.11.2019 und Klageerweiterung vom 10.02.2020 begehrte der Kläger die Zahlung seiner Gehälter für Oktober und November 2019 und Urlaubsabgeltung. Die Beklagten begehrten die Klageabweisung und im Wege der Widerklage die Rückzahlung von behaupteten Lohnüberzahlungen in Höhe von € 5.286,23 und Schadensersatz aufgrund Vertragsbruchs.
Am 23.06.2020 hat das Arbeitsgericht Nürnberg auf Antrag des Klägervertreters gegen die ordnungsgemäß geladenen Beklagten ein Versäumnisurteil erlassen, mit dem die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von € 7.846,15 brutto nebst Zinsen verurteilt wurden und die Widerklage abgewiesen wurde. Dieses Versäumnisurteil wurde den Beklagten am 27.06.2020 zugestellt.
Am 03.07.2020 ging bei Gericht per Post ein Einspruchsschreiben, datiert vom 03.07.2020, gegen das Versäumnisurteil vom 23.06.2020 ein, das keine Originalunterschrift, sondern eine eingescannte Unterschrift des Beklagten zu 1) aufwies. Mit Fax vom 05.07.2020, ebenfalls unterzeichnet vom Beklagten zu 1), legten die Beklagten erneut gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein.
Mit Beschluss vom 07.07.2020 hat das Erstgericht die Beklagten darauf hingewiesen, dass das Einspruchsschreiben vom 03.07.2020 formunwirksam sei, da es keine Originalunterschrift aufweise.
Mit Schreiben vom 10.07.2020, das bei Gericht am 10.07.2020 per Fax und am 20.07.2020 im Original mit originalhandschriftlicher Unterschrift des Beklagten zu 1) einging, begehrte der Beklagte zu 1) die Aufrechterhaltung des Einspruchs, da dieser per Fax vom 05.07.2020 form- und fristgerecht übermittelt worden sei. Am 20.07.2020 ging das Einspruchsschreiben vom 03.07.2020, diesmal mit originalhandschriftlicher Unterschrift des Beklagten zu 1), bei Gericht ein.
Mit Endurteil vom 21.07.2020 hat das Erstgericht den Einspruch der Beklagten vom 03.07.2020 gegen das Versäumnisurteil vom 23.06.2020 verworfen.
Zur Begründung führte das Erstgericht aus, dass das Einspruchsschreiben per Post am 03.07.2020 und per Fax vom 05.07.2020 innerhalb der Einspruchsfrist eingegangen sei. Der Einspruch sei jedoch formunwirksam, da er nicht eigenhändig unterschrieben worden sei. Sowohl auf dem Original als auch auf dem Fax habe sich links unten die Wiedergabe eines handschriftlichen Schriftzuges "P. M..." befunden. Aus dem eingereichten Original sei ersichtlich, dass es sich lediglich um eine bildliche Wiedergabe einer handschriftlichen Unterschrift handele. Die Einspruchsschrift müsse als sog. bestimmender Schriftsatz den Anforderungen an die prozessuale Schriftform genügen. Diesem Erfordernis genüge die Einbindung der bildlichen Wiedergabe einer handschriftlichen Unterschrift in der Einspruchsschrift vom 03.07.2020 nicht. An dieser Rechtslage ändere das nunmehr am 20.07.2020 erneut eingegangene Schreiben vom 03.07.2020, diesmal versehen mit einer originalhandschriftlichen Unterschrift des Beklagten zu 1), nichts. Der erneute Eingang sei erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erfolgt. Dies sei auch nicht das nachgereichte Original des am 05.07.2020 per Fax übermittelten Schriftstückes.
Das Endurteil vom 21.07.2020 wurde den Beklagten am 24.07.2020 zugestellt. Hiergegen legte der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 19.08.2020, eingegangen bei Gericht am 20.08.2020, Berufung ein und begrün...