Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist, zweistufige. Einwurfeinschreiben. Steuererstattungsanspruch. Zugang. Steuererstattungsansprüche des Arbeitgebers und tarifliche Ausschlussfristen
Leitsatz (redaktionell)
Bezieht sich eine tarifliche Ausschlussklausel auf „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis”, werden auch Steuererstattungsansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer erfasst.
Normenkette
BGB §§ 130, 670, 781; MTV Metall- u. Elektroindustrie § 26; DBA Schweiz
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 10.06.2009; Aktenzeichen 4 Ca 46/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 10. Juni 2009 – 4 Ca 46/08 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten 5.095,49 EUR brutto abzüglich 1.193,40 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 5.095,49 EUR brutto abzüglich 1.193,40 EUR netto seit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 93/100, der Beklagte 7/100 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Steuererstattungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten sowie mit einer Widerklage verfolgte restliche Lohnansprüche des Beklagten gegen die Klägerin für den Monat September 2007.
Die Klägerin ist eine in P. ansässige Unternehmung, die sich mit der Herstellung von Logistikanlagen befasst. Sie führte zunächst den Namen abc GmbH Förderanlagen + Lagertechnik, sodann abc Materialfluss + Logistic, nach einer Namensänderung führt sie nunmehr den Namen L..
Der am 3. Juni 1968 geborene Beklagte war vom 1. Januar 1998 bis zum 30. September 2007 bei der Klägerin als Dipl.-Elektroingenieur (FH) beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien lag der „Dienstvertrag für Angestellte” vom 3. September 1997 zugrunde. Gemäß § 6 dieses Arbeitsvertrages gelten „für die Arbeitsbedingungen (…), soweit nicht anderweitig vereinbart, die jeweiligen Tarifverträge: Pfälzische Metall- und Elektroindustrie (…).” Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrags im Übrigen wird auf die Anlage B1, Bl. 35 ff. d. A. Bezug genommen. § 26 des Gemeinsamen Manteltarifvertrags für Arbeiter und Angestellte in der Metall- und Elektroindustrie des Landes Rheinland-Pfalz (im Folgenden: MTV) enthält eine Regelung betreffend das „Erlöschen von Ansprüchen”:
Im Jahr 2004 war der Beklagte bei der Durchführung eines Auftrags der Klägerin für einen Schweizer Kunden an 186 Tagen in der Schweiz tätig. Er unterlag der dortigen Quellensteuer. Die Klägerin hatte vom Gehalt des Beklagten für das Jahr 2004 nach deutschem Recht Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt P. abgeführt.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2006 (Anlage K2, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Klägerin unter dem Betreff „Quellensteuer/Schweiz für das Kalenderjahr 2004” an den Beklagten:
„Sehr geehrter Herr J.,
in der Anlage 1 erhalten Sie nach den Besteuerungsgrundlagen für die Schweiz eine Übersicht, aus der Sie für sich den zu versteuernden Betrag in der Schweiz entnehmen können.
Nach den gesetzlichen Richtlinien der Schweiz, muss der Arbeitgeber für den Mitarbeiter die Steuererklärung sowie der Steuerberechnung vornehmen. Wir haben dies (siehe Anlage 1) für Sie nach besten Wissen und Gewissen erledigt.
Nach ihren eigenen Angaben für das Kalenderjahr 2004 trifft auf Sie der Tabellen-Code a zu, woraus sich für Sie eine Steuerschuld in Höhe von CHF 16.503,43 (CHF 90.182,69 × 18,30 %) ermittelt.
Bitte überprüfen Sie die auf der Anlage 1 von uns gemachten Angaben und bestätigen Sie uns nach Durchsicht mit Ihrer Unterschrift Ihr Einverständnis.
Wir werden diesen Betrag nach Zahlung in EUR an den kommenden Lohnabrechnungen in Abzug bringen.”
Am 12. Mai 2006 überwies die Klägerin mit dem Verwendungszweck „J.,” CHF 26.116,88 – CHF 783,51 Quellensteuer 2004, umgerechnet inklusiv Spesen und Entgelte EUR 16.891,33.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2006 (Anlage B 2, Bl. 39 d. A.) wandte die Klägerin sich erneut unter dem Betreff „Quellensteuer in der Schweiz für das Kalenderjahr 2004” an den Beklagten mit folgendem Inhalt:
„in der von uns am 23.01.2006 abgegebenen Erklärung wurde von der Schweizer Steuerbehörde entgegen der eigenen Aussage reklamiert, dass wir die in Deutschland abgeführten Steuern verrechnet haben. Daher mussten wir Ihre Erklärung komplett neu erstellen und erneut einreichen.
Inzwischen haben wir die Zahlungsaufforderung aus der Schweiz erhalten und umgehend die Überweisung ausgeführt (siehe Zahlungsbestätigung vom 12.05.2006 der C.Bank).
Da wir den Betrag in Höhe von CHF 26.116,88 umgerechnet in EUR 16.891,33 an die Schweizer Steuerbehörde für Sie vorfinanziert haben, bitten wir um Unterzeichnung der beiliegenden Abtretungsanzeige für Ihr zuständiges Finanzamt. Dieses wird an abc den für Sie ausgelegten Betrag und Ihnen den Überschuss au...