Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug. Betriebsübergang. MTV Tageszeitungen. Sonntagszuschlag. Annahmeverzug bei Betriebsübergang. Verfall von Ansprüchen auf Sonn- und Feiertagszuschläge. MTV für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach einem Betriebsübergang muss der Übernehmer des Betriebs eine zuvor erfolgte Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung zurechnen lassen, so dass ihm gegenüber ein verzugsbegründendes Angebot des Arbeitnehmers nach §§ 615, 295, 296 BGB entbehrlich ist.

2. Die Aufnahme eines Prozessarbeitsverhältnisses mit einem anderen Arbeitgeber beendet den Annahmeverzug des Arbeitgebers dann nicht, wenn der Arbeitnehmer hiermit lediglich seiner Verpflichtung nach § 615 S. 2 BGB nachkommt.

3. Teilweise parallel zur Entscheidung des Gerichts vom 11.02.2010 – 11 Sa 621/09.

 

Normenkette

BGB § 295 S. 1, § 296 S. 1, § 613a Abs. 1 S. 1, § 615 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 08.09.2009; Aktenzeichen 5 Ca 419/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – Az. 5 Ca 419/09 – vom 8. September 2009 betreffend Zuschläge für ausgefallene Sonn- und Feiertagsdienste wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – Az. 5 Ca 419/09 – vom 8. September 2009 betreffend Zuschläge für ausgefallene Sonn- und Feiertagsdienste wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 9/20 und die Beklagte 11/20 zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nach Abschluss eines Teilvergleichs hinsichtlich Fahrtkosten noch über Sonn- und Feiertagszuschläge für die Zeit vom 01.05.2005 bis zum 30.06.2007.

Der am 09.08.1958 geborene, verheiratete und gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger war in der Zeit vom 05.09.1984 bis zum 28.02.1986 als Pauschalist in der Lokalredaktion der Streitverkündeten zu 1. in F. tätig. In der Zeit vom 01.03.1986 bis zum 31.08.1987 absolvierte der Kläger bei der Streitverkündeten zu 1. ein Redaktionsvolontariat in F.. Seit dem 01.09.1987 war der Kläger sodann zunächst befristet bis zum 28.02.1989 mit Arbeitsvertrag vom 28.08.1987 (Anlage B 1, Bl. 72 ff. d. A.) bei der Streitverkündeten zu 1. beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 28.08.1987 wurde dem Kläger von der Streitverkündeten zu 1. mit Anschreiben vom 28.08.1987 (Anlage B 2, Bl. 75 d. A.) übersandt, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrags für die Redakteure an Tageszeitungen richtet. Sodann war er mit Arbeitsvertrag vom 06.06.1988 (Anlage K 1, Bl. 10 ff. d. A.) als fest angestellter Redakteur bei der Streitverkündeten zu 1. tätig. Seit dem 01.01.1991 bis zum Ausspruch einer Kündigung durch die Streitverkündete zu 1. vom 27.06.2005 hat der Kläger nach der Versetzung durch die Vereinbarung vom 28.12.1990 (Anlage B 3, Bl. 76 d. A.) als Sportredakteur in der Ausgabe H der B.Zeitung in der Lokalredaktion F. und zuletzt in der Schwerpunktredaktion G. gearbeitet.

Er erzielte zuletzt ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 4.343,00 EUR zuzüglich eines Arbeitgeberanteils zur Presseversorgung in Höhe von 5 % dieses Bruttobetrages (217,15 EUR) sowie vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 26,59 EUR.

§ 8 des im Anschreiben vom 28.08.1987 in Bezug genommenen Manteltarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen (gültig ab dem 01.01.2003, im Folgenden: MTV) sieht folgende Regelung hinsichtlich eines Sonn- und Feiertagszuschlags vor:

㤠8 Sonn- und Feiertagszuschlag

1. Arbeitet der Redakteur/die Redakteurin an einem Sonn- oder Feiertag weisungsgemäß mehr als vier Stunden, so erhält er/sie einen Sonn- und Feiertagszuschlag in Höhe von EUR 76,70 (Volontäre/Volontärinnen erhalten EUR 51,10).

Der Anspruch auf den Sonntags- oder Feiertagszuschlag kann nicht dadurch vereitelt werden, das in Umgehungsabsicht z. B. drei Stunden Sonntags- oder Feiertagsarbeit regelmäßig angeordnet werden.

2. Eine etwaige pauschalierte Abgeltung der Zuschläge ist im Rahmen der Gehaltsvereinbarung (§ 2 Abs. 2 Buchst. b) auszuweisen.”

§ 19 MTV lautet:

㤠19

Anspruchsverfolgung und Schlichtung

1. Mit Ausnahme der Regelung für den Urlaub (§ 9 Abs. 5) und für die Altersversorgung (§ 11) sind nicht erfüllte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb dreier Monate nach Fälligkeit geltend zu machen. Lehnt eine Partei die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs schriftlich ab, so muss dieser innerhalb eines halben Jahres nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden. Bei späterer Geltendmachung als nach Satz 1 und Satz 2 kann die Erfüllung verweigert werden.

2. Wird die schriftliche Ablehnung (Abs. 1 S. 1) nicht erteilt, kann der Anspruchsberechtigte/die Anspruchsberechtigte klagen, auch wenn die Halbjahresfrist verstrichen ist. Wird der geltend gemachte Anspruch nach Ablauf eines halben Jahres nach Fäll...

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