Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsmitglied. Freizeitausgleich
Leitsatz (amtlich)
1. Über die zeitliche Lage der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 BetrVG hat der Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Grundsätze der Urlaubsgewährung gelten nicht entsprechend.
2. Wenn ein Arbeitnehmer an einem bezahlten arbeitsfreien Tag erkrankt, der nicht Urlaub ist, kann er nicht zusätzlich Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beanspruchen.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 12.01.2010; Aktenzeichen 6 Ca 898/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 12. Januar 2010, Az.: 6 Ca 898/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Freizeitausgleich für Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit sowie Entgeltfortzahlung.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs, sie beschäftigt ca. 120 Arbeitnehmer. Während der Schulferien benötigt sie dienstplanmäßig neun Fahrer weniger als in der Schulzeit. Der Kläger (geb. am 18.12.1957) ist seit April 1991 bei der Beklagten als Busfahrer zu einem Bruttomonatsentgelt von EUR 2.536,00 beschäftigt. Er ist Vorsitzender des siebenköpfigen Betriebsrates.
Am 16.03.2009 beantragte der Kläger, ihm für Betriebsratstätigkeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit, die er im ersten Quartal 2009 ausgeübt hatte, Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 BetrVG zu gewähren. Während für den beantragten Zeitraum vom 25. bis zum 28.03.2009 Einigkeit erzielt werden konnte, lehnte die Beklagte die beantragte Arbeitsbefreiung am 10., 12. und 15.06.2009 ab. Sie schlug dem Kläger vor, ihn am 07., 08., 14., 16., 17. und 18.04.2009 – in den Osterferien – von der Arbeit zu befreien. Der Kläger erklärte sich mit einer Freistellung am 07. und 08.04.2009 einverstanden. Dagegen lehnte er die Arbeitsbefreiung am 14., 16., 17. und 18.04.2009 ab und bot ausdrücklich seine Arbeitskraft an. Die Beklagte beschäftigte den Kläger gleichwohl nicht und buchte auf seinem Zeitkonto am 14.04.2009 6:30 Stunden, am 16.04.2009 8:44 Stunden, am 17.04.2009 8:44 Stunden und am 18.04.2009 8:04 Stunden als Ausgleichszeit für Betriebsratstätigkeit ein. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Klageantrag zu 1).
Der Kläger wollte am 11. und 12.02.2009 an einer Sitzung des Konzernbetriebsrates teilnehmen. Er beantragte deshalb am 02.02.2009 Arbeitsbefreiung, die ihm am 03.02.2009 genehmigt wurde. Für Freitag, den 13.02.2009, sah der aufgestellte Dienstplan ursprünglich einen Arbeitseinsatz des Klägers von 5:01 Stunden vor. Am Samstag und Sonntag, 14. und 15.02.2009, war der Kläger nicht zum Dienst eingeteilt. Ab 16.02.2009 hatte er bis zum Monatsende Erholungsurlaub. Der Kläger war vom 09.02. bis zum 13.02.2009 arbeitsunfähig erkrankt. Ob sich die Parteien vor der Erkrankung des Klägers auf eine Arbeitsbefreiung am 13.02.2009 zum Zwecke des Ausgleichs von Überstunden für Betriebsratstätigkeit geeinigt haben, ist streitig. Mit dem Klageantrag zu 2) verlangt der Kläger Vergütung für 5:01 Stunden mit einem Stundensatz von EUR 12,74 brutto nebst Zulagen.
Wegen weiterer Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vorbringens der Parteien und der Sachanträge in erster Instanz wird gemäß § 62 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 12.01.2010 (dort Seite 2-5 = Bl. 121-124 d.A.).
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.01.2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe dem Kläger in der Zeit vom 14. bis zum 18.04.2009 wirksam gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG Freizeit zum Ausgleich von betriebsratsbedingt angefallenen Überstunden gewährt. Der Kläger könne für den 13.02.2009 keine Entgeltfortzahlung beanspruchen, weil ohnehin keine Arbeitspflicht bestanden habe. Das Arbeitsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 bis 10 des Urteils (= Bl. 124-129 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 10.02.2010 zugestellt worden ist, hat der Kläger mit am 08.03.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 10.05.2010 verlängerten Begründungsfrist am 10.05.2010 begründet.
Er ist der Ansicht, die Beklagte habe ihn im Zeitraum vom 14. bis 18.04.2009 nicht wirksam von der Arbeit freigestellt. Die zeitliche Lage der Arbeitsbefreiung gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG könne nicht einseitig vom Arbeitgeber bestimmt werden, sondern richte sich nach den Wünschen des Betriebsratsmitglieds, sofern keine betriebsbedingten Gründe dagegen sprächen. Das Betriebsratsmitglied habe den Anspruch auf Arbeitsbefreiung geltend zu machen. Da er für die Zeit vom 14. bis zum 18.04.2009 keine Freizeitgewährung beantragt habe, könne ihn die Beklagte nicht gegen seinen ...