Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Kündigung. Unpünktlichkeit. Verspätung. fristlose Kündigung wegen häufiger Unpünktlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen, denen keine weiteren Konsequenzen folgen, können die Warnfunktion der Abmahnungen abschwächen. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, dass weitere derartige Pflichtverletzungen nunmehr zum Ausspruch einer Kündigung führen werden.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; TVöD § 34 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 04.12.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1574/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 4. Dezember 2008, Az.: 3 Ca 1574/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen häufiger Unpünktlichkeit.

Der Kläger (geb. am 30.01.1968, geschieden, ein Kind) ist seit dem 18.06.1990 im Entsorgungsbetrieb der beklagten Stadt als Straßenreiniger zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt EUR 2.170,00 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der TVöD Anwendung. Danach ist der Kläger ordentlich unkündbar. Der Kläger ist gemeinsam mit drei weiteren Straßenreinigern und einem Fahrer einem Reinigungsfahrzeug zugeordnet. Um 6:00 Uhr ist Arbeitsbeginn, d.h. zu diesem Zeitpunkt muss sich der Kläger in Arbeitskleidung am Reinigungsfahrzeug eingefunden haben.

Der Kläger erschien am Freitag, dem 01.08.2008 zum wiederholten Male verspätet zum Dienst. Er traf erst um 6:23 Uhr beim Entsorgungsbetrieb ein. Deshalb kündigte die Beklagte nach Anhörung des Klägers und Beteiligung des Personalrates das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20.08.2008 fristlos mit sofortiger Wirkung, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2009. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 25.08.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Als Grund für die Verspätung vom 01.08.2008 hat der Kläger angegeben, er habe seiner Freundin helfen müssen, ihr Auto anzuschieben, das nicht angesprungen sei. Am Montag, dem 04.08.2008 meldete sich der Kläger wegen Fußschmerzen krank und teilte mit, dass dies auch der Grund für die verspätete Arbeitsaufnahme am Freitag gewesen sei. Beim Anschieben des Fahrzeugs seiner Freundin hätten sich seine Fußbeschwerden verschlimmert.

Die Beklagte hat den Kläger insgesamt fünfmal mit Schreiben vom 14.10.2003, 03.08.2005, 24.05.2006, 01.02.2007 und vom 11.06.2008 abgemahnt. Die beiden Abmahnungen vom 14.10.2003 und vom 24.05.2006 erklärte sie wegen verspäteter Krankmeldung bzw. verspäteter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die drei anderen Abmahnungen wegen Unpünktlichkeit.

Mit Abmahnung vom 03.08.2005 rügte die Beklagte folgende Verspätungen, die der Kläger wie folgt entschuldigt hatte:

am 02.03.2005

Arbeitsantritt

um 6:06 Uhr

verschlafen

am 22.06.2005

um 6:49 Uhr

verschlafen

am 01.07.2005

um 8:06 Uhr

verschlafen wg. Ohrenschmerzen

außerdem wurden folgende Verspätungen erwähnt:

am 17.02.2004

Arbeitsantritt

um 6:10 Uhr

keine Angabe

am 17.03.2004

um 6:13 Uhr

keine Angabe

am 21.05.2004

um 6:07 Uhr

keine Angabe

am 17.06.2004

um 6:05 Uhr

verschlafen

am 16.11.2004

um 8:30 Uhr

verschlafen

am 14.12.2004

um 6:39 Uhr

verschlafen

Mit Abmahnung vom 01.02.2007 wurde eine Verspätung

am 20.11.2006

Arbeitsantritt

um 11:27 Uhr

verschlafen wg. Schmerzmittel

gerügt.

Mit Abmahnung vom 11.06.2008 rügte die Beklagte folgende Verspätungen, die der Kläger wie folgt entschuldigt hatte:

am 30.04.2007

Arbeitsantritt

um 9:49 Uhr

Panne mit dem Fahrrad

am 16.08.2007

um 6:14 Uhr

verschlafen

am 24.08.2007

um 6:42 Uhr

verschlafen

am 25.10.2007

um 6:17 Uhr

verschlafen

In der vorletzten Abmahnung vom 01.02.2007 (Bl. 24 d. A.) heißt es u.a.:

„Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass wir diese Vertragsverletzung auf das äußerste missbilligen und mahnen hiermit Ihr Verhalten letztmals ab. Wir erwarten, dass Sie künftig keinen Anlass mehr zur Beanstandung geben und Sie Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß nachkommen. Sollte es zu erneuten Beanstandungen kommen, müssen Sie mit weitergehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen, auch mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, rechnen.”

In der letzten Abmahnung vom 11.06.2008 (Bl. 26-27 d. A.) heißt es u. a.:

„Allein aufgrund der in der Anhörung vorgebrachten Gründe, die zu den Verspätungen geführt haben, wird auf die Einleitung des Kündigungsverfahrens diesmal noch verzichtet.

Wir machen Sie aber darauf aufmerksam, dass wir nicht bereit sind, weitere Vertragsverletzung hinzunehmen und mahnen hiermit Ihr Verhalten letztmals ab. Wir erwarten, dass Sie künftig keinen Anlass mehr zur Beanstandung geben und Sie Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß nachkommen. Sollte es zu erneuten Beanstandungen kommen, müssen Sie mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.”

...

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