Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätze zur Urlaubsgewährung nach § 7 Abs. 1 BUrlG. Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Urlaubsgewährung ist nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum. Wenn der Urlaub entstanden und fällig ist, ist die Urlaubszeit durch eine Willenserklärung des Arbeitgebers zu bestimmen. Der Arbeitgeber muss eine Freistellungserklärung abgeben, die klar erkennen lässt, dass er in Erfüllung der Pflicht zur Urlaubsgewährung den Arbeitnehmer freistellt. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers.
2. Es steht den Arbeitsvertragsparteien frei, ein Arbeitszeitkonto einzurichten. Dazu bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien. Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611a Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und deshalb Vergütung in Geld oder Freizeit beanspruchen kann.
Normenkette
BGB § 611 a Abs. 2, § 615 S. 1, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; BUrlG § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 1; BGB § 362 Abs. 1, § 611a Abs. 1, § 616 S. 1; EFZG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1; BUrlG § 1; BetrVG § 37 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 24.06.2020; Aktenzeichen 7 Ca 4009/19) |
Tenor
I.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24. Juni 2020, Az. 7 Ca 4009/19, wird zurückgewiesen.
II.
Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24. Juni 2020, Az. 7 Ca 4009/19, wird - auch im Hinblick auf die Klageerweiterung im Berufungsverfahren - zurückgewiesen.
III.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 2/5 und der Beklagte 3/5 zu tragen.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Rückzahlung gezahlten Lohns für den Zeitraum vom 15. bis 31. Oktober 2019 und die Zahlung einer Vertragsstrafe durch die Klägerin (Berufung des Beklagten) sowie die Zahlung von Nettolohn für November 2019 und Differenzvergütung zwischen erteilten Abrechnungen und erfolgten Zahlungen (Anschlussberufung der Klägerin).
Der Beklagte betreibt ein Obst- und Weingut. Er beschäftigt in der Regel zwei Mitarbeiter in Vollzeit, vier Mitarbeiter in Teilzeit sowie saisonbedingt weitere Saisonkräfte/Erntehelfer.
Die Klägerin war bei dem Beklagten aufgrund eines Teilzeitarbeitsvertrages vom 16. Oktober 2017 (Bl. 306 ff. d. A.) seit diesem Tag als Verkäuferin in dessen Hofladen zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1.200,00 € in einer 27-Stunden-Woche beschäftigt. Hinsichtlich der Arbeitszeit der Klägerin ist in § 5 des Teilzeitarbeitsvertrages geregelt:
"Die regelmäßige wöchentliche (oder: monatliche / jährliche) Arbeitszeit des Miitarbeiterin beträgt
27 Stunden.
Die voraussichtliche tägliche Arbeitszeit beträgt 8 bis 9 Stunden.
Die Arbeitszeit soll nach gemeinsamer Absprache sowohl Werktags als auch an verschiedenen Sonntagen erfolgen.
Etwaige Übersunden oder Minusstunden sind aufzulisten und monatlich abzugeben. Übersunden werden dann in Freizeit, oder falls dies nicht möglich ist, in Geldleistung ausgeglichen.
Minusstunden werden entweder nachgeholt oder falls dies nicht möglich ist, von der Lohnzahlung in Abzug gebracht."
Der Urlaub ist in § 6 des Teilzeit Arbeitsvertrages geregelt. Er beträgt "derzeit 20 Arbeitstage im Kalenderjahr - ausgehend von einer Fünf-Tage-Woche.
Der Urlaub wird aufgrund der flexiblen Arbeitszeit je nach Anzahl der Arbeitstage ermittelt und anteilig gewährt.
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind verbleibende Urlaubsansprüche innerhalb der Kündigungsfrist abzubauen, soweit dies möglich ist.
Die rechtliche Behandlung des Urlaubs richtet sich im Übrigen nach den gesetzlichen Bestimmungen."
Nach § 7 "Betriebsferien (optional)" ist der Arbeitnehmer "damit einverstanden, einen Teil seines Urlaubs während der Dauer der Betriebsferien zu konsumieren."
§ 11 "Vertragsstrafe" des Teilzeitarbeitsvertrages bestimmt:
"Der Arbeitnehmer verpflichtet sich für den Fall, dass er das Arbeitsverhältnis nicht vertragsgemäß antritt oder das Arbeitsverhältnis vertragswidrig beendet, dem Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe einer halben Bruttomonatsvergütung für einen Vertragsbruch bis zum Ende der Probezeit und einer Bruttomonatsvergütung nach dem Ende der Probezeit zu zahlen. Das Recht des Arbeitgebers, weitergehende Schadensersatzansprüche geltend zu machen, bleibt unberührt."
"§ 13 Verfall-/Ausschlussfristen" bestimmt:
"Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht und im Falle der Ablehnung durch den Vertragspartner innerhalb von weiteren drei Monaten eingeklagt werden. Hiervon unberührt bleiben Ansprüche, die auf Handlungen wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen.
Die Ausschlussfrist gilt nicht für den Ans...