Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung des Arbeitsverhältnisses. Arbeitnehmerstatus eines Orchestermusikers. Statusfeststellung

 

Leitsatz (amtlich)

Der über mehrere Jahre turnusmäßig erfolgende Einsatz eines Orchestermusikers auf einer Position, die nach der künstlerischen Ausrichtung des Orchesters regelmäßig bei bestimmten Stücken zu besetzen ist, führt zu einer persönlichen Abhängigkeit und damit zum Entstehen eines Arbeitsverhältnisses.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 623

 

Verfahrensgang

ArbG Halberstadt (Entscheidung vom 16.01.2001; Aktenzeichen 1 Ca 1810/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.10.2002; Aktenzeichen 5 AZR 405/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halberstadt vom 16.01.2001 – 1 Ca 1810/00 – teilweise unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein auf Teilzeitbeschäftigung zu 50 % gerichtetes unbefristetes Arbeitsverhältnis als 3. Flötist besteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zu ½.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege der Statusklage über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war bei dem Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bis zum 31.07.1995 im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als 3. Flötist beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis beendeten die Parteien durch gerichtlichen Vergleich, nachdem der Beklagte zuvor das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt gekündigt hatte, da die Position des 3. Flötisten im Stellenplan des Orchesters entfallen war.

Von September 1995 bis November 2000 wurde der Kläger von dem Beklagten immer wieder als 3. Flötist in dem von dem Beklagten betriebenen Orchester eingesetzt. Die Einsätze beruhten teilweise auf schriftlichen Vereinbarungen, die von den Parteien u.a. als „Gastverträge” bezeichnet wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Vereinbarungen wird auf Bl. 37 – 46 d. A. verwiesen. Neben seinen Einsätzen als 3. Flötist übernahm der Kläger weiter als Vertreter für den 1. bzw. 2. Flötisten deren Positionen im Falle der Verhinderung. Der Beklagte übersandte dem Kläger regelmäßig die Orchesterdienstpläne, wegen deren weiteren Inhalts auf Bl. 104 – 105 d. A. verwiesen wird.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die künstlerische Ausrichtung des Orchesters des Beklagten auch nach dem Ausscheiden des Klägers zum 31.07.1995 Darbietungen umfasste, die den Einsatz einer 3. Flöte erforderten. Auf Grund der Vorgaben im Stellenplan (sog. „gedeckelter Personalbestand”) war jedoch die Besetzung der 3. Flöte im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für den Beklagten haushaltsrechtlich nicht möglich. Im Hinblick auf das zu erwartende altersbedingte Ausscheiden eines der drei Fagottisten im März 2001, entschloss sich der Beklagte die nach Auffassung des künstlerischen Leiters nicht erforderliche Stelle eines 3. Fagottisten nicht wieder zu besetzen und stattdessen auf dieser Stelle einen 3. Flötisten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu beschäftigen. Um eine künstlerische Aufwertung des Orchesters herbeizuführen, vereinbarte der Beklagte mit dem bisherigen Soloflötisten, dass dieser nunmehr die Stelle des 3. Flötisten ausüben solle und schrieb weiterhin die Stelle eines Soloflötisten zur Neubesetzung aus. Diese Stelle ist zwischenzeitlich durch einen externen Bewerber besetzt werden. Die Bewerbung des Klägers auf die Stelle des Soloflötisten war nicht erfolgreich. Der Beklagte beschied die Bewerbung des Klägers abschlägig, da der Kläger an dem von dem Beklagten verlangten Probespiel nicht teilgenommen hatte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der über mehrere Jahre hinweg erfolgte Einsatz im Orchester des Beklagten als 3. Flötist sei als Arbeitsverhältnis zu bewerten, da er in den Betrieb im Sinne einer persönlichen Abhängigkeit eingegliedert worden sei.

Der Kläger hat hierzu behauptet, er habe im Durchschnitt 74 Dienste pro Konzertsaison abgeleistet. Der Beklagte habe ihm dabei auch kurzfristig Dienste zugewiesen und auch wieder entzogen. Bei Terminkollisionen – der Kläger ist unstreitig auch im Werksorchester der AG in …, im Kammerorchester W. sowie im … Blasorchester tätig und übt darüber hinaus in B. eine Tätigkeit als Musiklehrer aus – habe er stets den Anforderungen des Beklagten den Vorzug gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten der nach Behauptung des Klägers geleisteten Dienste wird auf die von ihm erstellte Liste Bl. 25 – 36 d. A. verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Rechtsbeziehungen der Parteien seien als freie Mitarbeit einzustufen. Er hat bestritten, dem Kläger Weisungen hinsichtlich der zu leistenden Einsätze erteilt zu haben. Im Durchschnitt habe der Kläger lediglich 65 Dienste ...

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