Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratskosten - Rechtsanwaltskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin zur Erstattung einer Ordnungswidrigkeitenanzeige nach § 121 BetrVG wegen unvollständiger Information des Wirtschaftsausschusses kann nach pflichtgemäßer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles durch den Betriebsrat für erforderlich gehalten werden. Der Arbeitgeber hat dann nach § 40 Abs 1 BetrVG auch die hierdurch entstandenen Rechtsanwaltskosten zu tragen. Die gleichzeitige Einleitung eines Beschlußverfahrens auf Einrichtung einer Einigungsstelle wegen unvollständiger Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses durch den Betriebsrat steht dem nicht entgegen.
2. Der Gebührenanspruch eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin für die Erstattung einer Ordnungswidrigkeitenanzeige nach § 121 BetrVG richtet sich nach § 91 I Ziff 1 BRAGO (juris: BRAGebO) und nicht nach §§ 105 Abs 1, 83 I Ziff 3 BRAGO (juris: BRAGebO) .
3. Die Einleitung eines Kostenfreistellungsverfahrens durch den Betriebsrat unterbricht gleichzeitig die Verjährung für den Zahlungsanspruch des Rechtsanwalts/der Rechtsanwältin.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 22.11.99 - 2 BV 4a/99 - teilweise abgeändert und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragsteller von der Erstattung der Kosten des Anwältinnenbüros B... pp. gem. Rechnung vom 23.2.99 in Höhe von 224,83 DM freizustellen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 782,-- DM für die Erstattung einer Ordnungswidrigkeitenanzeige nach § 121 BetrVG.
Die Antragsgegnerin stellt Spielautomaten her. Antragsteller ist der Betriebsrat, der aus sieben Mitgliedern besteht. Seit Winter 1995/1996 bestehen diverse Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien.
Im Dezember 1995 kam es zu Differenzen mit der IG-Metall, mit der die Antragsgegnerin einen Firmentarifvertrag geschlossen hatte. Es wurden, fortgesetzt und verteilt über mehrere Tage und in mehreren Niederlassungen, Betriebsversammlungen durchgeführt und ein Solidaritätsfest gefeiert.
Am 05.02.1996 beantragte die Antragsgegnerin beim Arbeitsgericht E., den Betriebsrat aufzulösen (Az. 1d BV 7/96). Der Antrag wurde am 29.05.1996 zurückgewiesen mit der Begründung: Es liege zwar eine Pflichtverletzung vor, aber der Anspruch sei wegen Zeitablaufs verwirkt. Das Beschwerdeverfahren (5 TaBV 39/96) wurde nach Rücktritt des Betriebsrats und Betriebsratsneuwahl am 11.02.1997 eingestellt.
Außerdem leitete die Antragsgegnerin am 21.02.1996 (Az. 2c BV 10/96) ein Beschlussverfahren auf Feststellung der Verletzung der Friedenspflicht des Betriebsrats durch die lang andauernden Betriebsversammlungen und das Solidaritätsfest ein. Sie obsiegte in erster Instanz. Im Beschwerdeverfahren 5 TaBV 37/96 wies das LAG den Antrag mit der Begründung zurück, dem Antrag fehle das Rechtsschutzinteresse infolge der zwischenzeitlichen Betriebsratsneuwahl.
Zudem kam es zum Jahreswechsel 1995/1996 zu Differenzen zwischen dem Wirtschaftsausschuss des Betriebsrates über Art und Umfang der Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses. Am 22.02.1996 beschloss der Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle wegen unvollständiger Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses. Er leitete am 30.04.1996 (1b BV 22/96) ein entsprechendes Beschlussverfahren ein. Am 13.06.1996 wurde der Antrag zurückgenommen, "nachdem der Wirtschaftsausschuss und der Betriebsrat in einer Sitzung vom 06.06.1996 ausreichend informiert und ihm für die Folgezeit Einblick in die geforderten Unterlagen gewährt wurde".
Letztendlich schwebt ein Rechtsstreit zwischen der Antragsgegnerin und der IG-Metall sowie ehemaligen Betriebsratsmitgliedern auf Schadensersatz wegen der im Dezember 1996 durchgeführten Aktionen (Arbeitsgericht Elmshorn, Az. 4 Ca 1836 b/97). Hierüber ist noch nicht entschieden.
In sämtlichen Verfahren wurde/wird der Betriebsrat anwaltlich vertreten. Sämtliche Akten haben in der Verhandlung vom 14.11.2000 vorgelegen.
Bereits im Jahre 1994 war es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten über Zeitpunkt und Umfang des Unterrichtungsanspruches des Wirtschaftsausschusses gekommen, die im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens mit einer Vereinbarung unter anderem über Zeitabstände der Informationserteilung und einem Katalog von Mindestinformationen endete (Bl. 95 d. A.). In der Folgezeit kam es insoweit zumindest zum Jahreswechsel 1995/1996 zu weiteren Differenzen. So antwortete die Antragsgegnerin unter anderem auf einen Fragenkatalog des Wirtschaftsausschusses vom 14.02.1996 (Bl. 43 f. d. A.), dass die Beantwortung der Fragen noch nicht erfolgen könne, da es sich um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis handele (Bl. 125 d. A.). Daraufhin beschloss der Betriebsrat am 22.02.1996, eine Anzeige gem. § 121 BetrVG zu erstatten und Frau Rechtsanwältin G... die Verfahrensvollmacht ...