Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung. Zeitpunkt der Kenntnis. Zurechnung der Kenntnisse eines Sicherheitsbeauftragten
Leitsatz (redaktionell)
Die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB enthaltene subjektive Voraussetzung für den Verjährungsbeginn knüpft an die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich aller Merkmale des Anspruchs an. Ausreichend ist im Allgemeinen eine solche Kenntnis, die es dem Geschädigten erlaubt, eine hinreichend aussichtsreiche – wenn auch nicht risikolose – Feststellungsklage zu erheben. Den Ausgang eines Strafverfahrens gegen den Schädiger darf er nicht in jedem Fall abwarten.
Normenkette
BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 25.09.2008; Aktenzeichen 2 Ca 661 d/08) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 25.09.2008 – 2 Ca 661 d/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht im Berufungsrechtszug nur noch gegen den vormaligen Beklagten zu 2) Schadensersatzansprüche geltend.
Die Klägerin betreibt ein Paketdienstunternehmen.
Der Beklagte war, wie auch der zunächst als Beklagter zu 1) in Anspruch genommene Herr B., bei der Klägerin als Transportfahrer tätig.
Der Beklagte gab Herrn B. am 03.11.2003 in den Betriebsräumen der Klägerin zwei von der Klägerin an die Fa. C. E. zu versendende Pakete der Fa. K. C.. Dieser nahm die Pakete auf das von ihm genutzte Transportfahrzeug und verließ damit das Betriebsgelände. Diese Vorgänge sind durch von der Klägerin installierte Videokameras aufgezeichnet worden. Später traf Herr B. sich außerhalb des Betriebsgeländes wieder mit dem Beklagten und gab diesem die beiden Pakete zurück. Der Beklagte wiederum händigte die Pakete einem Dritten aus, der sie weiterveräußern wollte.
Der Sicherheitsbeauftragte der Klägerin, Herr P., erstattete am 04.11.2003 bei der Polizei Anzeige wegen der Entwendung dieser beiden Pakete (Anlage B 1 = Bl. 88 d. A.). In der Anzeige heißt es:
„Aufgrund von Diebstählen von Speichermodulen für PC's und Digitalkameras wurden Videokameras installiert. Am 03.11.2003 gegen 07:50 Uhr wurden zwei Pakete entwendet, im Wert von ca. 42.000,- EUR. Diese Pakete wurden mir vorher aus T. gemeldet. Dadurch kann ich feststellen, wo die Pakete zu den einzelnen Zeitpunkten sind.
Der Diebstahl wurde auf Video aufgezeichnet.
Auf dem Video konnte man sehen, dass die Person A. R. die Pakete dem Mitarbeiter T. B. übergab. Dieser tat die Pakete in seinen Lieferwagen und traf sich in T. wieder mit Herrn R., um die Pakete erneut zu tauschen. Herr B. gab nach eigenen Angaben die Pakete an Herrn R..”
Die daraufhin eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungen befassten sich neben der Aufklärung des Vorfalls vom 03.11.2003 auch mit Ermittlungen wegen weiterer von der Klägerin angezeigter Paketdiebstähle vor dem 03.11.2003.
Am 27.01.2004 vernahm die Kriminalpolizei Herrn P.. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Anlage B 3 (= Bl. 90 f. d. A.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 09.12.2003 wandte die Klägerin sich in dieser Angelegenheit an den Beklagten. Dieser ließ mit Schreiben vom 15.12.2003 (Anlage K 3 = Bl. 66 d. A.) seines jetzigen Prozessbevollmächtigten erklären:
„Die von Ihnen erhobene Forderung ist unbegründet und wird zurückgewiesen. Unser Mandant hat nicht im erheblichen Umfang Pakete entwendet.
Wir stellen anheim, eine Beteiligung unseres Mandanten an den Vorfällen nachzuweisen, ebenso wie die Schadenhöhe.
Sofern Sie vermeintliche Ansprüche bereits jetzt gerichtlich geltend machen, bitten wir Sie uns als zustellungsbevollmächtigt anzusehen.”
Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wurde am 30.06.2004 gemäß § 154 StPO teilweise eingestellt (Einstellungsverfügung vom 30.06.2004 – Bl. 162 der Strafakte). Zur Anklage kam nur der Vorfall vom 03.11.2003 (vgl. Anklageschrift vom 30.06.2004 – Bl. 163 ff. der Strafakte). Das Amtsgericht H.-A. verurteilte den Beklagten und Herrn B. am 28.09.2007 wegen dieser Tat (gemeinschaftlicher Diebstahl). Das Urteil (Bl. 238 ff der Strafakten) ist rechtskräftig.
Die Klägerin führte vor dem Landgericht H. einen Rechtstreit gegen die A. I. T. (415 O 95/05), der im Dezember 2005 durch Vergleich endete. Die Klägerin verpflichtete sich, an die A. I. T. 71.101,28 EUR zu zahlen (Anlage K 4 = Bl. 73 f. d. A.).
Mit Schreiben vom 17.01.2008 (Anlage K 2 = Bl. 16 f. d. A.) forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 129.666,50 EUR wegen der Entwendung der beiden Pakete am 03.11.2003 im Gesamtwert von 42.000,00 EUR sowie zweier weiterer Pakete im Wert von 43.751,00 EUR bzw. 43.915,50 EUR auf. Mit Mahnbescheid vom 01.04.2008, bei Gericht eingegangen am 19.03.2008, hat die Klägerin ihre behaupteten Ansprüche weiter verfolgt.
Sie hat behauptet, dass der Beklagte und Herr B. unter anderem die in dem Geltendmachungsschreiben aufgeführten Pakete widerrechtlich entwendet und ihr daher deren Wert zu ersetzen hätten. Bezüglich der Pakete W. und W. ergebe sich das be...