Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung. Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag. unmittelbare Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit. Abgrenzung. Vorbereitungshandlung. Anwendung der Rechtsgrundsätze zum § 57 SGB 3

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der systematische Sachzusammenhang zwischen § 57 SGB 3 und § 28a SGB 3 bedingt die Anwendung der gleichen Rechtsgrundsätze zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlung und Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit.

2. Maßgebliches Unterscheidungskriterium zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlung und eigentlicher selbstständiger Haupttätigkeit ist, ob die infrage kommende Betätigung den Charakter des nach außen erkennbaren, später laufenden Geschäftsbetriebes hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.03.2011; Aktenzeichen B 12 AL 1/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. September 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.

Der 1953 geborene Kläger war nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf (Anlage zum Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 02.02.2005) von September 1969 bis August 1977 in der Rentenversicherung der Arbeiter und von September 1977 bis Ende Dezember 1989 in der Rentenversicherung der Angestellten pflichtversichert. Weiter geht aus dem Versicherungsverlauf hervor, dass der Kläger vom 01.01.1990 bis 31.05.2000 und vom 01.01.2001 bis 31.12.2004 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten entrichtet hat. Für die Zeit vom 15.06.2000 bis 15.12.2000 ist die Entrichtung von Pflichtbeiträgen für die Dauer von sieben Monaten verzeichnet.

Am 20.04.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die freiwillige Weiterversicherung nach § 28a Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) und erklärte, die freiwillige Weiterversicherung solle im Februar 2006 beginnen. Hierzu legte er - neben dem bereits genannten Bescheid der BfA vom 02.02.2005 - seine zum 19.04.2001 bei der Stadt Sch. erfolgte Gewerbeanmeldung (Tankstelle mit Verkaufsshop, Stehimbiss, Waschhalle, Blumeneinzelhandel) vor. Mit Bescheid vom 30.06.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ab. Zur Begründung führte sie an, der Kläger habe innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem SGB III gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen und ferner lägen das Versicherungsverhältnis oder der Bezug der Entgeltersatzleistung nicht unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit.

Dagegen legte der Kläger am 28.07.2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2006 zurückwies. Der Kläger habe innerhalb der letzten 24 Monate vor der am 19.04.2001 erfolgten Anmeldung seiner selbstständigen Tätigkeit nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Der Versicherungsverlauf der BfA weise für den betreffenden Zeitraum nur freiwillige Beitragszahlungen aus.

Am 06.11.2006 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) und machte geltend, die Beklagte habe seinen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung zu Unrecht abgelehnt. Er sei seit 1990 ohne Unterbrechung selbstständig tätig. Von 1990 bis 2000 sei er ebenfalls schon als selbstständiger Tankstellenpächter tätig gewesen. Im Jahre 2001 habe er lediglich die auch heute noch von ihm betriebene Tankstelle übernommen. Hierzu legte er die zum 21.03.1990 bei der Stadt Sch. erfolgte Gewerbeanmeldung (Tankstelle mit Verkaufsshop und Stehimbiss, Waschhalle) vor. Im Verhandlungstermin vor dem SG am 04.09.2007 gab der Kläger an, er sei gelernter Kfz-Elektriker und habe auch die Meisterprüfung in diesem Beruf abgelegt. Nach der Beendigung seiner bis dahin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung Ende des Jahres 1989 habe er nahtlos eine selbstständige Tätigkeit als Pächter einer neu eröffneten Tankstelle in Sch. aufgenommen. Anfangs habe alles erst einmal eingerichtet werden müssen, da es sich um eine der ersten Filialen mit einem großen Shop (100 m²) gehandelt habe. Aus diesen Vorbereitungstätigkeiten bis zur Eröffnung der Tankstelle ergebe sich die Gewerbeanmeldung zum 21.03.1990. Der Pachtvertrag mit der Mineralölgesellschaft, mit der er sich wegen der Höhe des Pachtzinses nicht auf eine Fortsetzung des Pachtvertrages habe einigen können, habe am 30.03.2000 geendet. Er habe sich deshalb nach einer anderen Tankstelle umsehen müssen. Mit der jetzigen Mineralölgesellschaft habe er sich dann geeinigt, dass er eine neu zu errichtende Tankstelle im O. Ring in Sch. übernehme. Da er erklärt habe, er könne bis zur Fertigstellung der Tankstelle nicht ohne Einkommen bleiben, habe er die Möglichkeit erhalten, eine Tan...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge