Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Gewährung von Arbeitslosengeld. Vermittlungsbereitschaft als Leistungsvoraussetzung. Zulässigkeit der Aufhebung einer Arbeitslosengeldleistung bei fehlender Mitwirkungsbereitschaft an Vermittlungsbemühungen
Orientierungssatz
Lehnt ein Arbeitsloser mit Anspruch auf Arbeitslosengeld Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit ab und wirkt er auch an Vermittlungsmaßnahmen nicht mit (hier: Ablehnung von Beratungsgesprächen), so fehlt es an der für den Leistungsbezug notwendigen Voraussetzung der Bereitschaft zur Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung und Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt, so dass ein Leistungsanspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld entfällt. In diesem Fall kommt auch eine rückwirkende Aufhebung des Leistungsbescheides in Betracht.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. November 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 8. Mai 2014.
Die 1968 geborene, ledige Klägerin ist Musikwissenschaftlerin. Sie ist seit 2003 im sog akademischen Mittelbau an Hochschulen in Forschung und Lehre tätig. Von 2003 bis Oktober 2008 war sie bei der Universität der Künste B als wissenschaftliche Mitarbeiterin, von September 2009 bis Dezember 2009 als Gastprofessorin in H K und vom 28. September 2010 bis 27. September 2013 - befristet - bei der Universität L als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Nach eigenen Angaben arbeitete die Klägerin daneben seit 1. Oktober 2006 fortlaufend bei der Technischen Universität D als Hochschullehrerin vier Stunden pro Woche und erhielt dafür eine Aufwandsentschädigung. Im Wintersemester 2013/14 hatte sie zwei und im Sommersemester 2014 drei Lehraufträge an der TU D und der H-U zu B inne. (Stunden im Wintersemester 2013/2014 insgesamt 44, im Sommersemester 2014 insgesamt 84).
Sie meldete sich am 13. Juni 2013 persönlich bei der Beklagten mit Wirkung zum 28. September 2013 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Durch ihre Unterschrift bestätigte sie dabei, das “Merkblatt 1 für Arbeitslose„ erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Bereits anlässlich ihrer Meldung als Arbeit suchend am 13. Juni 2013 hatte die Klägerin Folgendes mitgeteilt:
Mit Bescheid vom 30. September 2013 bewilligte die Beklagte Alg ab 28. September 2013 für 360 Kalendertage bis zum 27. September 2014 mit einem täglichen Leistungssatz iHv 48,92 €.
In der Folgezeit kam die Klägerin mehrfach den Aufforderungen der Beklagten zur Wahrnehmung von Meldeterminen nicht nach, und zwar zu Meldeterminen am 31. Oktober 2013, 7. November 2013, 14. April 2014, 22. April 2014 und 30. April 2014, jeweils mit der Begründung, die Aufforderungen zur Meldung seien rechtswidrig, weil darin kein Zweck angegeben gewesen sei, der gemäß § 309 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) mit der Aufforderung zur Meldung habe verfolgt werden sollen. Sie arbeite in Forschung und Lehre weiter wie bisher, jedoch ohne Vergütung, ihre reguläre Arbeitswoche betrage 60 bis 65 Stunden, zu Spitzenzeiten auch 70 Stunden. Auf den Inhalt der Meldeaufforderungen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Nachdem die Klägerin den ersten Meldeaufforderungen zu den Meldeterminen am 31. Oktober 2013 und am 7. November 2013 nicht nachgekommen war, teilte die Beklagte durch Änderungsbescheid vom 19. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2013 den Eintritt von zwei Sperrzeiten mit, und zwar vom 1. November 2013 bis 7. November 2013 und vom 8. November bis zum 14. November 2013. Wegen Meldeversäumnissen der Klägerin ruhe ihr Anspruch auf Alg in diesen Zeiträumen, ihr Anspruch auf Alg mindere sich jeweils um sieben Tage. Die Klage hiergegen blieb erfolglos (Sozialgericht ≪SG≫ Berlin - S 52 AL 5632/13 -).
Mit der Meldeaufforderung vom 19. März 2014 forderte die Beklagte die Klägerin erneut auf, sich bei ihr zu einem Meldetermin am 14. April 2014 einzufinden, um mit der Klägerin deren “aktuelle berufliche Situation„ zu besprechen. Erneut widersprach die Klägerin dieser Aufforderung und verwies darauf, dass die Begründung keinem der in § 309 Abs. 2 SGB III genannten Zwecke diene. Sie befinde sich auch weiterhin in Bewerbungsverfahren für universitäre wissenschaftliche Stellen.
Mit Schreiben vom 15. April 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Leistungen vorläufig eingestellt würden, weil die Klägerin der Einladung zum Meldetermin am 14. April 2014 nicht nachgekommen sei. Gleichzeitig lud die Beklagte die Klägerin zu einem Folgetermin am 22. April 2014 ein, um mit der Klägerin über ihre “Leistungsangelegenheiten„ zu sprechen. Auch dieser Folgeeinladung kam die Klägerin nicht nach. Auch der Folgeeinladung...