Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente. DDR-Übersiedler. Tabellenwerte. Vertrauensschutz. Vormerkungsbescheid. Bestandskraft. Rentenüberleitung -
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Juni 2021 geändert.
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2014 verurteilt, die Altersrente des Klägers für die Zeit ab 1. Juli 2014 unter Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. Januar 1984 bis 3. April 1986 nach Maßgabe von Anlage 9 - Leistungsgruppe 2 - des Fremdrentengesetzes neu festzustellen und sich daraus ergebende höhere monatliche Rentenbeträge an den Kläger zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt ein Achtel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ab 1. Juli 2014 höhere Altersrente (AR) für besonders langjährig Versicherte gewähren muss, weil seine rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt hat, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu bewerten seien.
Der 1949 geborene Kläger war in der DDR zuletzt als Komplexbauleiter im V B beschäftigt. Am 4. April 1986 siedelte er nach Berlin (West) über, erhielt den Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge "C" und war nach einer Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) vom 4. April 1986 bis 31. August 1986 (vgl Bescheinigung der AOK Berlin vom 22. September 1986) ab 1. September 1986 rentenversicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Vormerkungsbescheiden vom 17. Februar 1987 und 15. Juni 1987 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ua Pflichtbeitragszeiten des Klägers vom 1. September 1964 bis 3. April 1986 nach § 15 FRG unter Einstufung in Leistungsgruppen fest. Mit weiterem Vormerkungsbescheid vom 1. September 2010 nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf aufgeführten Zeiten bis 31. Dezember 2013 verbindlich fest. In Spalte 3 des Versicherungsverlaufs ordnete sie den Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet nunmehr jeweils die im Sozialversicherungsausweis (SVA) dokumentierten, in Mark der DDR tatsächlich erzielten pflichtversicherten Entgelte bis zum 11. April 1984 zu.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2014 für die Zeit ab 1. Juli 2014 AR für besonders langjährig Versicherte. Die Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet bewertete sie anhand der fiktiven Verdienste in DM, die in Spalte 3 des Versicherungsverlaufs enthalten und in Spalte 1 mit der Abkürzung "SVA" (= beitragspflichtiger Verdienst zur Sozialversicherung im Beitrittsgebiet) bzw „AAÜG“ (= tatsächliche Entgelte im Sonderversorgungssystem) gekennzeichnet waren (Anlage 2 des Rentenbescheids) und die die Beklagte ermittelte, indem sie die in Mark der DDR tatsächlich erzielten Beträge im Verhältnis 1 : 1 auf DM hochgewertet und durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI auf bundesdeutsches Lohnniveau angehoben hatte. In dem Bescheid teilte die Beklagte ferner mit, dass für die Zeiten vom 1. September 1964 bis 3. April 1986 die bisher nach dem FRG vorgemerkten Beitragszeiten wegen einer Rechtsänderung nicht mehr berücksichtigt würden und der Bescheid vom 17. Februar 1987 insoweit nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mWv 1. Januar 1992 aufgehoben werde. Wegen Gewährung eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung berechnete die Beklagte die AR für die Zeit ab 1. Oktober 2014 neu (Bescheid vom 25. November 2014).
Mit seiner Klage begehrt der Kläger, dass für seine Pflichtbeitragszeiten in der DDR weiterhin Entgeltpunkte (EP) auf der Grundlage der Leistungsgruppenentgelte der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden. Die diesbezügliche Beschränkung in § 259a SGB VI auf Versicherte der Geburtsjahrgänge vor 1937 sei verfassungswidrig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Aufhebungsvorschrift in § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI verletze das Rückwirkungsverbot und sei unverhältnismäßig. Die Aufhebungsentscheidung sei auch nicht hinreichend bestimmt iSv § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Mit Gerichtsbescheid vom 2. Juni 2021 hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) die Klage unter Bezugnahme auf § 259a SGB VI und § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI abgewiesen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden insoweit nicht.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf die Berufungsbegründung vom 12. August 2021 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Juni 2021 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2014 zu verurt...