Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegehilfsmittel. Hausnotrufsystem. Zusammenleben des Pflegebedürftigen mit pflegender Ehefrau. Kostenübernahme für die Vergangenheit
Leitsatz (amtlich)
Ein Pflegebedürftiger hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für ein Hausnotrufsystem, wenn er mit seiner Ehefrau zusammenlebt, die im Notfall Hilfe herbeirufen kann.
Orientierungssatz
Soweit die Übernahme der Kosten für ein bereits selbst beschafftes Pflegehilfsmittel begehrt wird, ist § 13 Abs 3 SGB 5 entsprechend anzuwenden (vgl BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 = BSGE 89, 50). Danach kann ein Anspruch bestehen, wenn die Pflegekasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht allerdings nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch (vgl BSG vom 21.06.2006 - B 1 KR 22/05 R = GesR 2006, 368).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18.11.2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für ein Hausnotrufsystem.
Der 1934 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Seit dem Jahr 2004 ist er als Schlaganfallpatient linksseitig gelähmt und sein Behinderungsgrad ist mit 100 anerkannt. Er wohnt mit seiner Ehefrau in seiner Privatwohnung in der H. und wird von ihr versorgt. Eine morgendliche Körperpflege wird durch die kirchliche Sozialstation (SST) H. übernommen. Seine Alltagskompetenz ist eingeschränkt (Diagnosen laut Pflegegutachten des Arztes G. Sch. vom 23.07.2007: Insult mit teilspastischer armbetonter Hemiparese links 06/04, Harnteilinkontinenz). Der Kläger ist nicht in der Lage, ohne Gehhilfe/Rollator zu gehen und benötigt im grundpflegerischen und im Mobilitätsbereich erheblich Hilfe. Vor allen Dingen bei dem Toilettengang bedarf er der Begleitung und der Hilfe. Die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme erfolgt nach mundgerechter Zubereitung selbstständig. Er ist derzeit in die Pflegestufe II eingestuft. Insgesamt beträgt der Grundpflegeaufwand 129 Minuten pro Tag. Hinzu kommen 75 Minuten pro Tag für die hauswirtschaftliche Versorgung. Der Kläger erhält Krankengymnastik und Ergotherapie zweimal pro Woche als Hausbesuch.
Am 19.02.2008 schloss der Kläger mit der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. einen Vertrag über ein Hausnotrufsystem (Standard-Anschluss 25,00€, einmalige Anschlussgebühr 10,23 €) und beantragte bei der Beklagten die Übernahme der Kosten.
Bei dem Hausnotrufsystem handelt es sich um ein Angebot der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Dieses soll den Teilnehmern Hilfe im Notfall verschaffen. Ein sog. Funkfinger, welcher zusätzlich zu einer Basistelefonstation geliefert wird, den der Teilnehmer am Körper tragen soll, braucht im Notfall nur gedrückt zu werden mit der Folge, dass man direkt mit der Hausnotrufzentrale verbunden ist und diese sich um entsprechende Hilfe je nach Situation kümmert. Dies ermöglicht eine schnelle Hilfe auch bei einem Sturz, bei dem der Gestürzte nicht mehr in der Lage ist, das Telefon zu erreichen bzw. ein Handy zu bedienen. Je nach Wunsch können die Leistungsoptionen erweitert werden. So kann man beispielsweise täglich ein “Alles-in-Ordnung„-Signal senden und im Falle eines Unterbleibens würde sich die Notrufzentrale nach dem Befinden des Teilnehmers erkundigen und entsprechende Hilfe bei Bedarf anfordern.
Nach Einholung einer Stellungnahme bei Dr. Sch.-N. vom Sozialmedizinischen Dienst (SMD; vom 29.02.2008) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2008 die Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass die Hausnotrufsysteme lediglich für allein lebende oder über weite Teile des Tages allein lebende Pflegebedürftige, die mit handelsüblichen Telefonen keinen Hilferuf absetzen könnten, vorgesehen seien. Als weitere Voraussetzung für die Bewilligung der Kostenübernahme eines Hausnotrufsystems sei zu berücksichtigen, dass bei dem Pflegebedürftigen aufgrund seiner Krankheitsgeschichte jederzeit mit einer lebensbedrohlichen Situation zu rechnen sei. Vorliegend lägen die notwendigen Voraussetzungen bei dem Kläger nicht vor, da dieser mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haushalt lebe.
Den dagegen erhobenen Widerspruch mit dem Argument, dass der Kläger in der Vergangenheit mehrfach gestürzt sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2008 zurück. Sie verwies auf die Einschätzung der Ärztin Dr. M. Sch.-N., die keine Notwendigkeit einer Versorgung mit dem Hausnotrufsystem gesehen habe, da der Kläger mit seiner Ehefrau und nicht allein in einem Haushalt wohne.
Die dagegen am 31.07.2008 erhobene Klage hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) mit Urteil vom 18.11.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, die Notwendigkeit eines Hausnotrufsystems sei nicht schon aufgrund der Tatsache zu bejahen, dass der Kläger in den l...