Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verweisungsbeschluss. Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs. keine ausdrückliche Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit. Angelegenheiten der Sozialhilfe. Vollstreckung einer Forderung des Sozialhilfeträgers. Landesrecht Nordrhein-Westfalen. Vollstreckung durch die Stadtkasse. Einwendung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung. keine Betroffenheit materiellen Sozialhilferechts. anders bei Vollstreckung durch eigene Behörden
Orientierungssatz
1. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe liegt vor, wenn die Möglichkeit gegeben ist, dass die aus dem vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im materiellen Sozialhilferecht findet (vgl BSG vom 26.10.2010 - B 8 AY 1/09 R = SozR 4-1780 § 40 Nr 1).
2. Wendet sich der Kläger nicht gegen die vollstreckbare Forderung, sondern gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, richtet sich die aus diesem Sachverhalt herzuleitende Rechtsfolge, nämlich die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung, nicht nach materiellem Sozialhilferecht, sondern nach den Vorschriften des VwVG NW.
3. Eine Ausnahme gilt nur, soweit der Leistungsträger die Vollstreckung durch eigene Bedienstete ausführen lässt, da in diesem Fall das ersuchte Vollstreckungsorgan dem Rechtsweg des § 51 SGG unterliegt.
Normenkette
SGB X § 66 Abs. 3; VwVG NW § 2; VwVG NW § 53; SGG § 51
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 02.01.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die fristgerecht erhobene Beschwerde, mit der die Klägerin sich gegen die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Münster wendet, ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in der Fassung vom 17.12.2008 in Verbindung mit §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist, wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
Die Zuständigkeit für Vollstreckungsmaßnahmen der dem Sozialgesetzbuch unterstehenden Leistungsträger ist in § 66 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) geregelt; diese erfolgt bei kommunalen Trägern wie hier gemäß Abs. 3 nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Abs. 4 räumt die Möglichkeit einer Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung ein.
Der Sozialhilfeträger hat hier den Weg der Vollstreckung durch die kommunale Vollstreckungsbehörde gewählt und offensichtlich die Stadtkasse als zuständige Vollstreckungsbehörde gemäß §§ 2 und 53 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NW) ersucht.
Für die Prüfung der Zuständigkeit einer Klage ist damit zunächst die allgemeine Zuständigkeitsregelung in § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zugrunde zu legen; danach ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegt, bedarf keiner Erörterung, entgegen der Auffassung des Kläger und der Beklagten, die insoweit die Rechtsauffassung des Klägers teilt, liegt aber auch keine abdrängende Sonderzuweisung durch ein Bundesgesetz vor.
Denn die besondere Zuständigkeitsregelung in § 51 Abs. 1, hier insbesondere Nr. 6a SGG, wonach die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit u.a. über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe entscheiden, greift nicht.
Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung liegt vor, wenn die Möglichkeit gegeben ist, dass die aus dem vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt hergeleiteten Rechtsfolge ihre Grundlage im materiellen Sozialversicherungsrecht (bzw. Sozialhilferecht) findet (BSG, Beschluss vom 26.10. 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris Rn. 6; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl. 2012, § 51 Rn.31).
Hier wendet sich die Klägerin nicht gegen die Forderung, die der Vollstreckung zugrunde liegt, hinsichtlich derer die im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) herzuleitenden Rechtsfolgen anzuwenden wären. Vielmehr wendet sie sich gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung mit der Begründung, sie verfüge nicht über das Vermögen, in das eine Verpfändungsverfügung bzw. Arrest durch die ersuchte Vollstreckungsbehörde erfolgt sei. Damit wendet sie sich gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung. Die aus diesem Sachverhalt herzuleitende Rechtsfolge, nämlich die Frage der Rechtmäßigkeit der Vollstreckung gerade in das dort bezeichnete Vermögen, ist im Sozialgesetzbuch nicht geregelt, sondern richtet sich nach den Vorschriften des Vw...