Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Eingliederungszuschuss bei Vermittlungshemmnis. Rückzahlungspflicht bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses während der Nachbeschäftigungszeit. Befreiung nur bei Vorliegen der Kündigungsgründe des § 221 Abs 2 S 2 SGB 2. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Eingliederungszuschüsse nach § 16 Abs 1 SGB 2 iVm § 217 SGB 3 sind bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während der Nachbeschäftigungszeit gem § 221 Abs 2 SGB 3 vom Arbeitgeber (teilweise) zurückzuzahlen, wenn inhaltlich keine Kündigungsgründe iS des § 1 Abs 2 KSchG vorliegen. Dabei geht es nicht um die generelle Anwendbarkeit der Vorschriften des KSchG. Die im Arbeitsrecht entwickelten Kriterien zu den Kündigungsgründen werden nur zur Auslegung der Kündigungsgründe nach § 221 Abs 2 S 2 SGB 3 herangezogen.
Normenkette
SGB II § 16 Abs. 1; SGB III §§ 217, 221 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin zur teilweisen Rückzahlung des ihr gewährten Eingliederungszuschusses verpflichtet ist.
Die Klägerin beschäftigt sich nach dem Handelsregistereintrag mit dem Handel mit Saatgut und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, landwirtschaftlichen Lohnarbeiten, Transportaufgaben und dem Betrieb einer Tankstelle und einer Waschanlage. Sie beantragte am 27. Oktober 2005 einen Eingliederungszuschuss für Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen für die Dauer von sechs Monaten iHv 50% des berücksichtungsfähigen Arbeitsentgelts. Es sei beabsichtigt, den im Jahr 1977 geborenen M. L. (im Weiteren: AN) in Vollzeitbeschäftigung ab dem 1. November 2005 unbefristet einzustellen. Das Arbeitsentgelt betrage 1.000 EUR monatlich. Der verwendete Antragsvordruck enthielt folgende vom Geschäftsführer der Klägerin unterschriebene Erklärung: "Ich verpflichte mich, den Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder während der Nachbeschäftigungszeit beendet wird. Dies gilt nicht, wenn a. ich berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, zu kündigen, b. eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung im Betrieb entgegenstehen, berechtigt war, c. oder d .." Aus dem beigefügten "Anstellungsvertrag" ergab sich die Einstellung des AN zum 1. November 2005 als Außendienstmitarbeiter zu einem Bruttolohn iHv 1.500 EUR. Konkrete Arbeits- oder Aufgabenbereiche waren nicht beschrieben. In § 4 Abs. 1 des Anstellungsvertrages verpflichtete sich der AN zur Verschwiegenheit "über alle, außerhalb der Firma nicht allgemein bekannten Firmenangelegenheiten" gegenüber Außenstehenden. Nach § 9 Abs. 2 bestand die Verpflichtung, bei Erkrankungen innerhalb von drei Tagen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen.
Mit Bescheid vom 3. November 2005 bewilligte der Beklagte einen Eingliederungszuschuss "auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Verbindung mit dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III)" für die Dauer vom 1. November 2005 bis zum 30. April 2006 iH der Hälfte des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts von 1.000 EUR zuzüglich eines pauschalen Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag iHv 200 EUR, d.h. insgesamt 600 EUR monatlich. Die Entscheidung beruhe auf §§ 1, 6 und 16 SGB II und 217 bis 222 SGB III. Als Nebenbestimmungen waren geregelt: Es seien Änderungen gegenüber den Angaben im Antrag unverzüglich mitzuteilen, insbesondere die Lösung des Arbeitsverhältnisses während des Förderungszeitraums oder während der Nachbeschäftigungszeit und die Gründe hierfür. Der Eingliederungszuschuss sei teilweise zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet werde. Dies gelte nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt sei, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, zu kündigen oder die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, berechtigt gewesen sei. Die Nachbeschäftigungszeit entspreche der Förderungsdauer; sie betrage längstens zwölf Monate.
Mit Schreiben vom 16. November 2005 bat die Klägerin um Neuberechnung. Fehlerhaft habe sie im Antrag den Bruttolohn des AN mit 1.000 EUR anstelle von 1.500 EUR beziffert. Mit "Änderungs-/Ergänzungsbescheid" vom 21. November 2005 legte der Beklagte ein berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt iHv 1.500 EUR sowie einen pauschalen Arbeitgeberanteil iHv 300 EUR zu Grunde und bewilligte einen monatlichen Eingliederungszuschuss von 900 EUR. Die Nebenbestimmungen waren erneut beigefügt.
Unter dem 21. Juni 2006 bestätigten die Klägerin und der AN, dass...