Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Niederlassungsleiter. stiller Gesellschafter einer einzelnen Niederlassung einer GmbH (hier: Steuerberatungsgesellschaft). atypisch stille Gesellschaft. Sperrminorität. Gesellschaftsvertrag. Anstellungsvertrag. abhängig Beschäftigter
Orientierungssatz
Ein Leiter und stiller Gesellschafter einer einzelnen Niederlassung einer GmbH (hier: Steuerberatungsgesellschaft), der im Rahmen des Anstellungsvertrages nur eingeschränkte Kompetenzen bei der Geschäftsführung der Niederlassung hat, unterliegt der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung, selbst wenn er über eine Sperrminorität an den Anteilen der atypischen stillen Gesellschaft der Niederlassung verfügt.
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als Niederlassungsleiter und stiller Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft versicherungspflichtig beschäftigt war.
Der ... 1964 geborene Kläger ist gelernter Steuerfachgehilfe und war von 1991 bis 1993 als Niederlassungsleiter der Niederlassung O bei einer Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in H abhängig beschäftigt. Die Beigeladene zu 4) ist eine Steuerberatungsgesellschaft mit Hauptsitz in E. Sie betreibt eine Vielzahl von Niederlassungen in Deutschland mit dem Geschäftsmodell, dass die Niederlassungsleiter als stille Gesellschafter lediglich für die jeweilige Niederlassung an dieser beteiligt werden. Sie ist Teil einer Gruppe von u. a. Steuerberatungsgesellschaften, die nach demselben Geschäftsmodell arbeiten, mit einer Zentrale in E. Im Jahr 1994 handelte es sich allein bei der Beigeladenen zu 4) um ca. 40 Niederlassungen. Die Beigeladene zu 4) übernahm die bestehende Niederlassung O. Mit Wirkung zum 1. Januar 1994 schlossen die Beigeladene zu 4), der Kläger und der Steuerbevollmächtigte P einen Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft.
Dieser Vertrag lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 1
Die F & P GmbH unterhält u. a. in O (nachstehend "auswärtige Beratungsstelle" genannt) eine auswärtige Beratungsstelle, in der sie Steuerberatung betreibt. Dort wird eine eigene Buchführung erstellt und eigene Bankkonten geführt. Es ist angestrebt, die Beratungsstelle in Zukunft als handelsrechtliche Zweigniederlassung zu führen.
Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Steuerberatungspraxis einschließlich der für Steuerberatungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gem. § 33 i. V. § 57 StBG, wie z. B. Wirtschaftsberatung und gutachterliche sowie treuhänderische Tätigkeiten.
§ 2
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1. |
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Die F & P GmbH räumt den Gesellschaftern eine atypisch stille Beteiligung nur an der auswärtigen Beratungsstelle ein und zwar |
- dem Gesellschafter zu 1. in Höhe von 10 Prozent
- dem Gesellschafter zu 2. in Höhe von 10 Prozent
des Gesamtpraxiswertes einschließlich stiller Reserven und Praxiswert.
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2. |
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Die Niederlassung (stille Gesellschaft) wird mit einem, den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen dieses Vertrages unterliegenden, Festkapital in Höhe von DM 20.000 ausgestattet. |
(...)
§ 5
Die Gesellschafter fassen ihre Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung oder, wenn alle Gesellschafter damit einverstanden sind, außerhalb der Gesellschafterversammlung in beliebiger Form. (...)
a) (...)
c) Zur Beschlussfähigkeit müssen mindestens 2 Gesellschafter und 91 % sämtlicher Stimmrechte anwesend oder vertreten sein (s. unter d).
d) Die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung erfolgt nach Stimmen. Jeder Prozentpunkt der Beteiligung ergibt eine Stimme.
Die Gesellschafter beschließen mit einer Mehrheit von 91 % der vorhandenen Stimmen. Über die Änderung dieses Gesellschaftsvertrages und die Auflösung der Gesellschaft kann nur einstimmig beschlossen werden.
(...)
§ 8
Gewinnanteile (soweit sie nicht gemäß Ziffer 2 des Paragraphen zu verbuchen sind), Entnahmen sowie sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern werden auf Verrechnungskonten verbucht, die im Soll und Haben mit 10 % p. a. zu verzinsen sind. Die Festkapitalkonten der Gesellschafter werden nicht verzinst.
Verlustanteile werden auf Verlustvortragskonten verbucht. Bis zu deren Ausgleich sind Gewinnanteile dort gem. § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB gutzuschreiben.
§ 9
Entnahmen sind nur zulässig, wenn sie aus Gewinnanteilen erfolgen, die nicht gem. § 8 Abs. 2 mit Verlusten zu verrechnen sind.
Die jeweils vorhandene Liquidität können die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Ergebnisbeteiligung darlehnsweise entnehmen.
Ob und inwieweit solche Zahlungen im Einzelfall zulässig sind, entscheidet die Gesellschafterversammlung.
Die Ansprüche der stillen Gesellschafter aus einem zwischen ihnen und der F & P GmbH evtl. abgeschlossenen Dienstvertrag bleiben hiervon unberührt.
(...)
§ 12
Der ausscheidende Gesellschafter hat Anspruch auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens. Das Auseinandersetzungsguthaben ist durch eine Auseinandersetzungsbilanz ...