Stefanie Hock, Christoph Tillmanns
Einen durch Gesetz festgelegten, für jeden in Deutschland tätigen Arbeitnehmer allgemeinen Mindestlohn kannte das deutsche Recht früher nicht. Für das Arbeitsverhältnis zu beachtende Löhne waren nur dann zwingend und unverzichtbar, wenn auf das Arbeitsverhältnis nach § 3 TVG ein Tarifvertrag Anwendung findet. Das setzt aber die beiderseitige Tarifgebundenheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus, die in Deutschland rückgängig ist.
Daneben gab es die Möglichkeit, durch einen staatlichen Akt branchenbezogene Mindestlöhne festzusetzen. Hierfür standen 2 Wege zur Verfügung:
Nach § 5 TVG können Tarifverträge auf Antrag einer der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklärt werden, sodass sie für alle Arbeitgeber und alle Arbeitnehmer, die unter ihren fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereich fallen, verbindlich gelten. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) ersetzt die fehlende Tarifgebundenheit von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer und schafft auf diese Art und Weise im Geltungsbereich des Tarifvertrags nicht nur einen Mindestlohn, sondern insgesamt einheitliche Mindestarbeitsbedingungen.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) sind die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften enthaltenen Regelungen über die Entlohnung einschließlich der Überstundensätze ohne die Regelungen über die betriebliche Altersversorgung auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zwingend anzuwenden. Zum anderen besteht für bestimmte Branchen die Möglichkeit, über Mindestarbeitsbedingungen (§§ 3, 5 AEntG) oder durch den Erlass einer Rechtsverordnung (§ 7 AEntG) Mindestentgelte für alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer, auch solche, die von ausländischen Arbeitgebern nur vorübergehend nach Deutschland entsandt worden sind, festzusetzen. Das AEntG gilt bisher jedoch nach § 4 AEntG nur für das Bauhauptgewerbe oder Baunebengewerbe, die Gebäudereinigung, für Briefdienstleistungen, für Sicherheitsdienstleistungen, für Bergbau-Spezialarbeiten, für Wäschereidienstleistungen im Objekt-Kundengeschäft, für die Abfallwirtschaft einschließlich der Straßenreinigung und dem Winterdienst und für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II oder III bzw. Schlachten und Fleischverarbeitung. Darüber hinaus gibt es Sondervorschriften über die Arbeitsbedingungen z. B. in der Pflegebranche, die ebenfalls durch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Jahr 2010 festgelegt worden sind (§ 10 AEntG), die Pflegearbeitsbedingungenverordnung. Einzelheiten zum Pflegemindestlohn sind unten unter Punkt 2 dargestellt.