Stefanie Hock, Christoph Tillmanns
Ein weiteres Problem stellt sich, wenn eine leistungsbezogene Vergütung vereinbart worden ist, z. B. Provisionsvereinbarungen bzw. umsatzabhängige Vergütung oder sonstige erfolgsabhängige Vergütung, aber auch durch die Vereinbarung von Stücklohn wie es z. B. bei Akkordlohn-Vereinbarungen üblich ist.
Vereinbarung von Stücklöhnen und Akkordlöhnen ist auch nach Einführung des Mindestlohns zulässig, wenn gewährleistet ist, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird. Keine Antwort gibt das Gesetz auf die Frage, ob auf den Durchschnittsarbeitnehmer abzustellen ist, oder ob in jedem Fall eine individuelle Betrachtung vorzunehmen ist.
Ein bei der Gemeinde angestellter Mitarbeiter erhält einen bestimmten Betrag für jedes zugestellte, wöchentlich erscheinende Infoblatt der Gemeinde. Der durchschnittliche Zusteller schafft damit den gesetzlichen Mindestlohn "locker", während ein Rentner, der sich auf diese Art und Weise seine Rente aufbessern will und nicht mehr so gut zu Fuß ist, nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn kommt.
Diese Problematik ist völlig offen. Es bietet sich folgende Lösung an:
Zunächst ist der Stücklohn mithilfe von arbeitsanalytischen Verfahren so zu bemessen, dass der Mindestlohn mit Durchschnittsleistung erreichbar ist. Kann ein Arbeitnehmer diese Leistung aber aus unverschuldeten personenbedingten Gründen nicht erreichen, muss er das begründen und hat dann Anspruch auf Mindestlohn.
Es bietet sich an, bei einer Stücklohnvergütung folgende Regelung in den Vertrag aufzunehmen:
Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn bleibt unberührt, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet trotz Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit nicht in der Lage ist, den Mindestlohn zu erzielen. Er hat dem Arbeitgeber gegenüber die maßgeblichen Gründe dafür darzulegen.
Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer leistungsabhängig durch Provisionszahlungen vergütet wird. Auch hier sollte die Provision zunächst so bemessen sein, dass der Mindestlohn mit der Normalleistung erreichbar ist. Wenn der Arbeitnehmer diese Leistung aus individuellen Gründen nicht erreichen kann, muss er das begründen und hat dann Anspruch auf Mindestlohn.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass Provisionszahlungen nur dann für die Erfüllung des Mindestlohnanspruchs herangezogen werden können, wenn sie nicht zurückgefordert werden können. Das ist jedoch häufig nicht der Fall, weil entsprechende Provisionsregelungen Stornierungsklauseln beinhalten, nach denen die Provision zurückzuzahlen ist, wenn der Kunde das Geschäft storniert oder das Geschäft notleidend wird. Derartige Klauseln stehen einer Berücksichtigung der gezahlten Provision auf die Erfüllung des Mindestlohnanspruchs entgegen.
Eine Regelung kann lauten:
Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit von monatlich … Stunden Provisionen i. H. v. ... für folgende Geschäfte ... Er erhält für jeden Monat eine Garantieprovision in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns, somit ... EUR (monatliche Arbeitszeit mal den aktuellen Mindestlohn von .... EUR). Die monatlich erzielten Provisionen werden mit der Garantieprovision verrechnet. Weitere Zahlungen erfolgen nur, wenn die erzielten Provisionen die Garantieprovision übersteigen.