Soweit eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung bestimmte Arbeitsbedingungen abschließend regelt, geht diese Norm als höherrangige Rechtsquelle vor und steht einem Mitbestimmungsrecht entgegen (vgl. § 87 Abs. 1 Eingangssatz). Auch Gesetze, die nur den Parteien eines Tarifvertrags Abweichungen gestatten (tarifdispositives Recht), sind geeignet, das Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 BetrVG auszuschließen.
Gesetzliche Regelungen, die ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschließen, sind Gesetze im materiellen Sinne. Dazu gehören Rechtsverordnungen oder Unfallverhütungsvorschriften sowie gesetzesvertretendes Richterrecht.
Nach einer Befragung der Mitarbeiter möchte der Betriebsrat erreichen, dass Zwölf-Stunden-Schichten eingeführt werden. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung wäre unwirksam, da die Höchstgrenze des § 3 Arbeitszeitgesetz von 10 Stunden täglich überschritten ist.
Weitere Anwendungsfälle:
- Zugangskontrollen zu Atomkraftwerken
- Sicherheitsüberprüfungen
- Auflagen der öffentlichen Hand als Zuwendungsgeber für private Forschungseinrichtungen bezüglich der Vergütung der Arbeitnehmer
Auch tarifvertraglichen Regelungen, die abschließend sind, kommt eine Sperrwirkung zu. Anders ist die Rechtslage, wenn Tarifverträge den Partnern einer Betriebsvereinbarung i. R. d. Tarifautonomie Regelungskompetenz, also nicht etwa zusätzliche Mitbestimmungsrechte, übertragen. Dann ist der Tarifvertrag nicht abschließend, und die Mitbestimmung aus § 87 BetrVG ist gegeben.
Das Vergütungssystem des TVöD stellt eine abschließende Regelung dar.
Soweit jedoch über den tariflichen Anspruch hinaus über- oder außertarifliche Zulagen an eine Mehrheit von Beschäftigten gezahlt werden sollen, ist dies nur unter Mitbestimmung des Betriebsrats möglich.
Der Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 BetrVG setzt die Tarifbindung des Arbeitgebers, aber nicht die des Arbeitnehmers voraus (§ 3 Abs. 2 TVG).
In mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG gilt bei Tarifbindung des Arbeitgebers der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG bei bloßer Tarifüblichkeit bzw. Nachwirkung eines Tarifvertrags nicht (näher unten 1.2.9.1).
Für § 77 Abs. 3 BetrVG würde die Üblichkeit tarifvertraglicher Regelungen ausreichen. Nach § 87 Abs. 1 BetrVG hingegen muss eine gültige und für die Firma/Einrichtung anwendbare (nicht nur nachwirkende, § 4 Abs. 5 TVG) Tarifbestimmung vorhanden sein, um eine Betriebsvereinbarung als unzulässig erscheinen zu lassen.
Tarifverträge schließen die Mitbestimmungsrechte aber nur "soweit" aus, wie ihr jeweiliger Inhalt reicht. Es muss daher jeweils geklärt werden, ob eine Ergänzung (i. d. R. durch Betriebsvereinbarung) noch in Betracht kommt. Enthält der Tarifvertrag eine abschließende Regelung, besteht kein Mitbestimmungsrecht in der bereits durch höherrangiges Recht geregelten Frage.
Verlangt der Betriebsrat bei den Verhandlungen um ein flexibles Arbeitszeitmodell eine besondere "Flexibilitätszulage", so ist dies kaum zulässig, da das System der Zulagen und Zuschläge des TVöD abschließend ist.