Nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG hat der Betriebsrat (nur dann) mitzubestimmen, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Besteht eine solche Regelung, ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausgeschlossen, jedoch nur soweit, wie die gesetzliche oder tarifliche Regelung reicht.
Andererseits entfällt das Mitbestimmungsrecht nicht schon dadurch, dass der Arbeitgeber die an sich mitbestimmungspflichtige Angelegenheit arbeitsvertraglich mit den Arbeitnehmern regelt. Solche vertraglichen Vereinbarungen sind vielmehr - jedenfalls soweit sie die Rechte der Arbeitnehmer verschlechtern - unwirksam, wenn das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht beachtet wurde.
Sinn und Zweck des Ausschlusses des Mitbestimmungsrechts ist die Annahme, dass eine gesetzliche oder tarifliche Regelung bereits die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigt, so dass es einer mitbestimmten Regelung der Angelegenheit durch Arbeitgeber und Betriebsrat nicht mehr bedarf.
Der Arbeitgeber kann im Arbeitsvertrag regeln, dass Dienstkleidung getragen werden muss. Ob der Arbeitnehmer die Dienstkleidung tragen darf, entscheidet letztlich der Betriebsrat. Schließt er keine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung im Betrieb) ab, so kann der Arbeitnehmer das Tragen der Dienstkleidung verweigern.
Sperrwirkung einer gesetzlichen Regelung
Gesetzliche Regelungen, die ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschließen, sind Gesetze im materiellen Sinne. Dazu gehören auch Rechtsverordnungen oder Unfallverhütungsvorschriften sowie gesetzesvertretendes Richterrecht.
Nicht hierhin gehört eine behördliche Anordnung durch Verwaltungsakt. Sie steht einer gesetzlichen Regelung nicht gleich. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats können jedoch eingeschränkt sein, wenn dem Arbeitgeber aufgrund des behördlichen Verwaltungsaktes oder der behördlichen Anordnung kein Gestaltungsspielraum verbleibt.
Eine gesetzliche Regelung sperrt die Mitbestimmung des Betriebsrats nur dann, wenn sie die Angelegenheit zwingend regelt, so dass der Arbeitgeber Letztere zu vollziehen hat.
Nach einer Befragung der Mitarbeiter möchte der Betriebsrat erreichen, dass Zwölf-Stunden-Schichten eingeführt werden. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung wäre unwirksam, da die Höchstgrenze des § 3 Arbeitszeitgesetz von zehn Stunden täglich überschritten ist.
Die Sperrwirkung einer tariflichen Regelung
Das Betriebsverfassungsrecht wird von dem Grundsatz bestimmt, dass die Regelung der materiellen Arbeitsbedingungen vorrangig durch die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände erfolgen soll. Dies ergibt sich bereits aus § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Schutzbedürfnisse der Arbeitnehmer, die durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten gewahrt werden sollen, ausreichend berücksichtigt sind, wenn die Angelegenheit abschließend tarifvertraglich geregelt ist.
Das Mitbestimmungsrecht ist nicht gegeben, wenn eine zwingende tarifliche Regelung besteht, die den Regelungsgegenstand bereits abschließend erfasst. Eröffnet die tarifliche Regelung jedoch Freiräume für die nähere Ausgestaltung (sog. "dispositives" Gesetz), behält der Betriebsrat innerhalb dieses Ausgestaltungsfreiraums sein Mitbestimmungsrecht. Dies ergibt sich aus dem Wort "soweit" im Eingangssatz des § 87 Abs. 1 BetrVG. Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, wann eine tarifliche Regelung besteht, die das Mitbestimmungsrecht ausschließt oder im obigen Sinne einschränkt.
In einzelnen Arbeitsverhältnissen gilt ein Tarifvertrag gem. § 4 Abs. 1 1 TVG "unmittelbar und zwingend" zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer, der betroffen ist, und dem Arbeitgeber, wenn
- der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft und
- der Arbeitgeber Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes ist oder selbst den Tarifvertrag mit der oben genannten Gewerkschaft abgeschlossen hat (im letzten Fall wird der Tarifvertrag Haus- oder Firmentarif genannt).
- Zudem gilt der Tarifvertrag, unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Tarifvertragspartei, unmittelbar und zwingend, wenn der entsprechende Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 1 1 TVG).
Die Frage, wann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen oder eingeschränkt ist, kann aber auf die dargestellte Weise nicht beantwortet werden. Schließlich sind nicht alle Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglieder.
Vorausgesetzt der Tarifvertrag ist nicht für allgemeinverbindlich erklärt, so gilt Folgendes:
Ist der Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband, gilt der Tarifvertrag hinsichtlich der Gewerkschaftsmitglieder unmittelbar und zwingend (normativ, §§ 4 Abs. 1 1, 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 TVG).
Keine normative Tarifbindung besteht in diesem Fall hinsichtlich der Nichtgewerkschaftsmitglieder. Der Arbeitgeber kann, wenn er vermeiden will, dass weitere Mitarbeiter der Gewerkschaft beitreten, den Tarifver...