4.4.1 Keine ausdrückliche gesetzliche Regelung
Eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, in der das Mobbing sanktioniert wird, gibt es im Gesetz nicht. Die Rechte des Arbeitnehmers und die Pflichten des Arbeitgebers ergeben sich jedoch aus dem allgemeinen Schutz des Persönlichkeitsrechts. Des Weiteren bestimmt auch § 75 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich, dass der Arbeitgeber und der Betriebsrat die freie Entfaltung der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern haben. Soweit Mobbing zu Verletzungen der Gesundheit führt, ergibt sich eine entsprechende Pflicht auch aus den besonderen Vorschriften der §§ 617 bis 619 BGB sowie den Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes.
4.4.2 Abgrenzung zum Beschäftigtenschutzgesetz
Mobbing durch sexuelle Belästigung spezialgesetzlich geregelt.
Die sexuelle Belästigung ist durch das Beschäftigtenschutz-Gesetz ausdrücklich sanktioniert und zieht gesonderte Rechtsfolgen nach sich. Besteht das Mobbing in ständiger sexueller Belästigung, sind die entsprechenden Vorschriften als lex specialis anzuwenden. Nach § 2 des Beschäftigtenschutzgesetzes haben Arbeitgeber und Dienstvorgesetzte die Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu schützen. Ausdrücklich legt das Gesetz dabei fest, dass dieser Schutz auch vorbeugende Maßnahmen umfassen muss. Die Grundsätze der Rechtsprechung zum Mobbing sind in diesem Bereich daher unbeachtlich; insbesondere hat der Arbeitnehmer nicht die Pflicht, eine systematische und über einen längeren Zeitraum gehende Belästigung nachzuweisen. Der Arbeitgeber hat nach § 4 des Beschäftigtenschutzgesetzes bei sexueller Belästigung sofort einzugreifen und "die im Einzelfall angemessene arbeitsrechtliche Maßnahme zu ergreifen". In besonders schweren Fällen ist er sogar verpflichtet, eine außerordentliche fristlose Kündigung auszusprechen.
4.4.3 Das Beschwerderecht
Als Mindestrecht hat der betroffene Arbeitnehmer das allgemeine betriebliche Beschwerderecht, das seine Rechtsgrundlage in den §§ 84 und 85 Betriebsverfassungsgesetz hat und unabhängig davon besteht, ob im Unternehmen ein Betriebs- oder Personalrat besteht. Besteht ein Betriebsrat, kann der Betroffene seine Beschwerde aber auch unmittelbar dort einlegen. Der Betriebsrat ist verpflichtet, bei seinem Arbeitgeber auf eine Abhilfe hinzuwirken, sofern er die Beschwerde für berechtigt hält. Unabhängig davon, ob die Vorwürfe berechtigt sind, darf dem Arbeitnehmer wegen der Erhebung einer Beschwerde kein Nachteil entstehen.
4.4.4 Eingriffspflicht des Arbeitgebers
Der Arbeitnehmer hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihn gegen Belästigungen Dritter schützt. Dieser hat alle ihm zur Verfügung stehenden Instrumentarien einzusetzen, um das Mobbing zu beseitigen. Geht das Mobbing von Arbeitskollegen aus, können die erforderlichen Maßnahmen über eine Abmahnung und Versetzung bis hin zur Kündigung gehen. Der gemobbte Arbeitnehmer kann aber auch direkt gegen seine Kollegen vorgehen und einen Anspruch auf Unterlassung geltend machen. Selbstverständlich besteht dieser Unterlassungsanspruch auch gegenüber dem Arbeitgeber, wenn von diesem das Mobbing ausgeht.
Arbeitnehmer muss abmahnen?
Häufig erfährt ein Arbeitgeber von einem Mobbingvorwurf, soweit dieser sich nicht gegen ihn persönlich, sondern gegen Mitarbeiter gerichtet ist, erst dann, wenn der Arbeitnehmer eine Klage einreicht. Erst dann wird er mit den Einzelheiten konfrontiert und hat insoweit kaum noch Chancen, gegensteuernd einzugreifen. Um diesem Ergebnis vorzubeugen, hat das LAG Berlin ein weiteres Kriterium für die Zulässigkeit einer Mobbingklage aufgestellt. Der Arbeitnehmer müsse dem Arbeitgeber zunächst auf die schädigende Handlung Dritter aufmerksam machen und ihn analog – wie es der Arbeitgeber vor einer verhaltensbedingten Kündigung tun muss – unter Androhung von Konsequenzen auffordern, gegen die Mobbingangriffe vorzugehen.
4.4.5 Schadensersatz
Zum Schutz gegen Mobbing kann auch als Rechtsfolge eintreten, dass an den Gemobbten ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen ist. Im Prozess um einen Schadensersatz hat der gemobbte Arbeitnehmer die Pflichtverletzung darzulegen und zu beweisen.
Zur Höhe des Schadensersatzes haben sich im Gegensatz zum allgemeinen Schadensersatzrecht noch keine festen Grundsätze herauskristallisiert. Als Anhaltspunkt kann eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz herangezogen werden. Dieses verurteilte den Chef einer Bankfiliale zu 5.000 DM Schmerzensgeld, da er "die persönliche Ehre und das berufliche Selbstverständnis des Mannes massiv verletzt" habe.
Zu einem Schadensersatz von insgesamt 40.000 EUR verurteilte das Arbeitsgericht Dresden einen Arbeitgeber, wobei der Anteil des immateriellen Schmerzensgeldes 15.000 EUR betrug.
Stand der Rechtsprechung
Die Anforderungen an die Beweislast beim Schadensersatz in Mobbing-Fällen werden von den Arbeitsgerichten unterschiedlich bewertet. Während das LAG Thüringen zu Gunsten des Arbeitnehmers die besondere "Beweisnot" berücksichtigt, gehen andere Gerichte ...