BAG, Urteil vom 25.1.2024, 6 AZR 390/20
Die Personalgestellung i. S. d. § 4 Abs. 3 TVöD ebenso wie die wortidentische Regelung in § 4 Abs. 3 TV-L verstößt nicht gegen die Richtlinie 2008/104/EG.
Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten seit April 2000 beschäftigt. Die privatrechtlich organisierte Beklagte betreibt ein Krankenhaus, deren einziger Gesellschafter der Landkreis G ist, eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Beklagte besitzt keine für eine Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der TVöD-VKA Anwendung.
Im Juni 2018 gliederte die Beklagte die Bereiche "Poststelle", "Archiv" und "Bibliothek" sowie die in diesen Bereichen vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben auf eine von ihr gegründete Service-GmbH aus. Aufgrund dessen wäre grds. das zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis auf die Service-GmbH übergegangen. Allerdings hatte der Kläger von seinem Recht Gebrauch gemacht, dem Übergang dieses Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB zu widersprechen, so dass er weiterhin bei der Beklagten beschäftigt blieb.
Die Beklagte stellte den Kläger daraufhin gem. § 4 Abs. 3 TVöD der Service-GmbH dauerhaft zur Verfügung (Personalgestellung).
Der Kläger, der die Auffassung vertreten hatte, dass diese Regelung gegen das Unionsrecht und insbesondere gegen die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104 verstößt, erhob Klage auf Feststellung, dass er trotz der Verlagerung seines Aufgabenbereichs nicht verpflichtet sei, seine Arbeitsleistung dauerhaft bei der Service-GmbH zu erbringen.
Während das ArbG und LAG die Klage abwiesen, setzte das BAG das Verfahren aus und legte dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor. Dieser hatte hierüber mit Urteil vom 22.6.2023 (– C-427/21 –) entschieden, dass Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b bis e der Leiharbeitsrichtlinie nicht auf Situationen wie die vorliegende anwendbar sei, wenn die Aufgaben eines Arbeitnehmers endgültig, d. h. dauerhaft, von seinem Arbeitgeber zu einem Drittunternehmen verlagert werden und dieser Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft bei dem Drittunternehmen zu erbringen.
Die Entscheidung
Daraufhin hat nun das BAG die Klage abgewiesen. Zudem war für den Feststellungsantrag im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2021 das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse entfallen, sodass die Klage unzulässig geworden ist.
Weiter führte das BAG noch aus, dass die Personalgestellung i. S. d. § 4 Abs. 3 TVöD ebenso wie die wortidentische Regelung in § 4 Abs. 3 TV-L entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen die Richtlinie 2008/104/EG verstoße und damit nicht gegen Unionsrecht; denn der EuGH hat in seinem Urteil entschieden, dass die Richtlinie 2008/104/EG nicht auf eine Arbeitnehmerbereitstellung wie der vorliegenden anwendbar sei und die Bereichsausnahme in § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG damit wirksam. Dies sei auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil es nicht darum gehe, mit einer dauerhaften Verleihung das Verbot von Ketteneinsätzen zu umgehen, sondern darum, dem Arbeitnehmer dauerhaft die Sicherheit seines an sich verlorenen Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst zu erhalten. Danach war die streitige Personalgestellung i. S. v. § 4 Abs. 3 TVöD wirksam.