Verlagert der Arbeitgeber Aufgaben auf einen Dritten, so kann er gem. § 4 Abs. 3 TVöD von seinen bisher mit diesen Aufgaben betrauten Beschäftigten verlangen, dass sie ihre arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nunmehr bei dem Dritten erbringen. Diese vom Tarifvertrag als Personalgestellung bezeichnete Personalmaßnahme ermöglicht es dem Arbeitgeber, Beschäftigte einem Dritten – anders als im Falle einer Abordnung oder Zuweisung – auf Dauer zu überlassen (vgl. Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TVöD).
Im Einzelnen ist die Personalgestellung unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
Es müssen Aufgaben des Beschäftigten auf einen Dritten verlagert worden sein. Dem wird in aller Regel eine Organisationsentscheidung des Arbeitgebers zugrunde liegen, bestimmte, bisher von der Dienststelle/vom Betrieb wahrgenommene Aufgaben (z. B. Reinigungsdienst, Küche, Bauhof, Wartung von behördlichen Kraftfahrzeugen, Personalabrechnung) auf einen Dritten zu übertragen. In der Regel erfüllt eine solche Aufgabenverlagerung die Tatbestandsvoraussetzungen eines Betriebsübergangs i. S. d. § 613a BGB. Nach dieser Vorschrift gehen die Arbeitsverhältnisse der im übergehenden Bereich Beschäftigten kraft Gesetzes auf den neuen Betriebsinhaber über. Machen Beschäftigte jedoch von ihrem Recht Gebrauch, dem gesetzlich vorgesehenen Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, so verbleiben die Beschäftigten im Arbeitsverhältnis zu ihrem bisherigen Arbeitgeber. Bestehen keine anderweitigen Einsatzmöglichkeiten, kann der Arbeitgeber – z. B. zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen – Beschäftigten im Rahmen der Personalgestellung eine Tätigkeit beim Betriebserwerber zuweisen.
Für eine Personalgestellung kommen nur Beschäftigte infrage, die bisher in dem Aufgabenbereich tätig waren, der auf den Dritten verlagert wird. Nur wenn Aufgaben dieses Beschäftigten zu einem Dritten verlagert werden, kann von dem Instrument der Personalgestellung Gebrauch gemacht werden. Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt begründet wurde, können nicht im Rahmen des § 4 Abs. 3 TVöD gestellt werden.
- Sodann kann der Arbeitgeber vom Beschäftigten verlangen, dass er künftig seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung auf Dauer bei dem Dritten erbringt. Es handelt sich bei diesem Verlangen des Arbeitgebers um eine einseitige Maßnahme; § 4 Abs. 3 TVöD erweitert insoweit dessen Weisungsrecht. Anders als im Fall der Zuweisung zu einem Dritten nach § 4 Abs. 2 TVöD/TV-L bedarf es also keiner Zustimmung des Beschäftigten.
Die Personalgestellung ist eine auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten (Protokollnotiz zu § 4 Abs. 3 TVöD). Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Vorschrift (Verlagerung der bisher vom Beschäftigten ausgeübten Aufgaben auf einen Dritten) muss es jedoch auch zulässig sein, den Beschäftigten nur für einen vorübergehenden Zeitraum der übernehmenden Einrichtung zu überlassen und die Personalgestellung wieder zu beenden.
Die Beschäftigten unterliegen bezüglich ihrer Arbeitsleistung dem Weisungsrecht des Dritten; dabei besteht das Arbeitsverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber weiter. § 4 Abs. 3 Satz 2 TVöD weist darauf hin, dass die Regelung des § 613a BGB sowie die gesetzlichen Kündigungsrechte unberührt bleiben.
Beispiel
Landkreis L hat sein bisher in Form eines Eigenbetriebs bzw. einer Dienststelle geführtes Kreiskrankenhaus in eine GmbH ausgegliedert. Die im Krankenhaus beschäftigte Krankenschwester A hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die GmbH nach § 613a Abs. 1, Abs. 6 BGB widersprochen. Der Landkreis / kann nunmehr von A gem. § 4 Abs. 3 TVöD verlangen, dass diese ihre Aufgaben als Krankenschwester im Krankenhaus der GmbH erbringt. A bleibt also Arbeitnehmerin des Landkreises; sie unterliegt aber bezüglich ihrer Tätigkeit den Weisungen der GmbH-Geschäftsführung. Der Landkreis hat jedoch – bei fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit – auch das Recht, gegenüber A – bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen (§ 1 KSchG, § 34 TVöD) – eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen. Es besteht für den Arbeitgeber keine Verpflichtung, von dem Instrument der Personalgestellung Gebrauchzu machen.
Die Modalitäten der Personalgestellung werden zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten vertraglich geregelt. In Betracht kommen insbesondere Vereinbarungen über das vom Dritten dem Arbeitgeber für die Überlassung zu zahlende Entgelt sowie das Recht zur Kündigung oder sonstigen Beendigung des Gestellungsvertrags oder ggf. die Verpflichtung, Beschäftigte z. B. bei schwerwiegendem Fehlverhalten zurückzunehmen.
Die Personalgestellung gemäß § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L nach einer Verlagerung von Aufgaben auf einen Dritten stellt nach der Rechtsprechung von EuGH und BAG keine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG dar. Für die Personalgestellung benötigt der Arbeitgeber somit keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Auch ist die Personalgestellung zeitlich unbegrenzt zulässig.