BAG, Urteil vom 19.1.2023, 6 AZR 62/22
Die Gewährung der Universitätsklinikzulage setzt nur voraus, dass es sich bei dem Beschäftigten um einen Pfleger oder Pflegehelfer i. S. d. Teils IV Abschnitt 1 EntgO handelt und dieser an einer Universitätsklinik beschäftigt ist. Weitere Anspruchsvoraussetzungen bestehen nicht, insbesondere sind keine bestimmten oder besonderen pflegerischen Leistungen zu erbringen. Auch der Einsatzort innerhalb der Universitätsklinik ist irrelevant.
Sachverhalt
Der Kläger ist bei dem beklagten Universitätsklinikum als Krankenpfleger beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TV-L Anwendung.
Gemäß der Vorbemerkung Nr. 8 zu Teil IV der EntgO erhalten Pflegerinnen und Pflegehelferinnen an Universitätskliniken eine monatliche Zulage nach Anlage F Abschnitt IV Nr. 8.
Der Kläger wird nach Entgeltgruppe KR 7 TV-L vergütet. Er arbeitet in der Internistischen Ambulanz der Beklagten. Seine Tätigkeit besteht im Wesentlichen in der Patientenaufnahme, der Blutentnahme, dem Legen von Infusionen und ggf. der Durchführung von Lungenfunktionsprüfungen. Zudem hat er die Sprechstundenassistenz mit Terminvereinbarung und Dokumentation vorzunehmen. Ihm obliegt ferner die hygienische Vor- und Nachbereitung der Behandlungsräume sowie die Materialbeschaffung. Alle Tätigkeiten werden im Wechsel mit anderen Beschäftigten verrichtet.
Nach Einführung der Zulage nach Teil IV Abschnitt 1 Vorbemerkung Nr. 8 EntgO zum 1.1.2019 begehrte der Kläger die entsprechende Zulage. Dies wurde von der Beklagten abgelehnt mit der Begründung, dass es für die Gewährung der Zulage zwingende Voraussetzung sei, dass eine krankenpflegerische Tätigkeit ausgeübt werde. Im Bereich des Klägers bilde die krankenpflegerische Tätigkeit jedoch nicht den Schwerpunkt.
Der Kläger erhob Klage. Er machte die Zahlung der Zulage nach Teil IV Abschnitt 1 Vorbemerkung Nr. 8 EntgO seit dem 1.1.2019 geltend. Er begründete dies damit, dass er im Pflegedienst der Beklagten beschäftigt sei. Die Vorbemerkung Nr. 8 zu Teil IV Abschn. 1 EntgO verlange keine "entsprechende Tätigkeit" als Pflegerin oder Pfleger. Dessen ungeachtet stelle die Vorbemerkung Nr. 6 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO klar, dass die Tätigkeit in einer Ambulanz der Pflegetätigkeit entspreche, soweit nicht überwiegend Verwaltungs- oder Empfangstätigkeit verrichtet werde. Letzteres sei bei ihm nicht der Fall. Er sei vielmehr zu mindestens 2 Dritteln seiner Arbeitszeit pflegerisch tätig.
Die Beklagte brachte dagegen vor, dass der Kläger nicht dem Pflegedienst zuzuordnen sei; er verrichte in der Ambulanz durchweg Tätigkeiten, welche medizinischen Fachangestellten in ambulanten Praxen übertragen seien. Der Umstand, dass der Kläger noch als Krankenpfleger eingruppiert sei, stehe dem nicht entgegen. Dies beruhe auf der Entscheidung, aus sozialen Gründen auf eine korrigierende Rückgruppierung zu verzichten.
Die Entscheidung
Vor dem BAG hatte die Klage überwiegend Erfolg. Ein Teil der geltend gemachten Ansprüche ist gem. § 37 TV-L verfallen.
Das BAG entschied, dass der Kläger als Pfleger an einer Universitätsklinik nach Teil IV Abschnitt 1 Vorbemerkung Nr. 8 EntgO Anspruch auf eine monatliche Zulage nach Abschnitt IV Nr. 8 Anlage F zum TV-L habe. Es könne hierbei dahingestellt bleiben, ob und ggf. welche pflegerischen Tätigkeiten der Kläger im Infusionsraum der Internistischen Ambulanz verrichte; dies folge aus der Vorbemerkung Nr. 6 Satz 1 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO. Das BAG führte insoweit aus, dass zu der "entsprechenden Tätigkeit" von Pflegehelferinnen bzw. Pflegerinnen u. a. aber auch die Tätigkeit in Ambulanzen gehöre, soweit es sich nicht überwiegend um eine Verwaltungs- oder Empfangstätigkeit handele. Gleiches gelte für Blutzentralen, Milchküchen, Frauenmilchsammelstellen und Dialyseeinheiten. Die Tarifvertragsparteien hätten mit dieser Regelung für die von ihr erfassten Beschäftigten nicht nur eine Eingruppierung nach den für die Beschäftigten im "klassischen" Pflegedienst geltenden Eingruppierungsregelungen ermöglicht, sondern darüber hinaus den gesamten Anwendungsbereich des Teils IV Abschnitt 1 EntgO eröffnet. Eine weitergehende Differenzierung innerhalb der "Beschäftigten in der Pflege" nach ihrem Anteil pflegerischer Tätigkeit würde der mit Teil IV Abschnitt 1 EntgO bezweckten umfassenden Regelung der Vergütung der "Beschäftigten im Pflegedienst", die die Vergütung gerade vereinheitlichen wolle, widersprechen.
Weiter führte das Gericht aus, dass hiervon die Frage zu unterscheiden sei, welche "Beschäftigten in der Pflege" die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung bestimmter Zulagen nach den Vorbemerkungen Nr. 8 bis Nr. 11 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO erfüllten; denn diese differenzierten bezüglich der Ansprüche auf Zulagen entweder nach der Beschäftigungseinrichtung (Vorbemerkung Nr. 8 – Universitätskliniken) oder nach der Eingruppierung verbunden mit besonderen Tätigkeiten (Vorbemerkungen Nr. 9 bis Nr. 11 – Entgeltgruppen KR 5 bis KR 9). Es handele sich um jeweils selbstständige Ansp...