Peter Schmeiduch, Jutta Schwerdle
Will der Beschäftigte die Pflegezeit beanspruchen, so muss er dies nach § 3 Abs. 3 PflegeZG spätestens 10 Arbeitstage vor Beginn
- schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber ankündigen und
- gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und (bei Teilzeitarbeit während der Pflegezeit) in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll.
COVID-19-pandemiebedingte Erleichterung der Formvorschrift
Abweichend von dem Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung (§ 3 Abs. 3 Satz 1 PflegeZG) genügt für die Geltendmachung der Pflegezeit – befristet – die Einhaltung der Textform (§ 9 Abs. 3 PflegeZG). Somit kann die Freistellung vorübergehend z. B. auch per E-Mail oder Fax verlangt werden und bedarf nicht der eigenhändigen Originalunterschrift. Die Erleichterung der Formvorschrift gilt für die Geltendmachung der Pflegezeit bis zum 31.12.2020.
Enthält die Ankündigung keine eindeutige Festlegung, ob die oder der Beschäftigte Pflegezeit oder Familienpflegezeit nach § 2 FPfZG in Anspruch nehmen will und liegen die Voraussetzungen für beide Freistellungsansprüche vor, gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit (§ 3 Abs. 3 Satz 3 PflegeZG).
Äußerst problematisch erscheint die kurze Ankündigungsfrist von lediglich 10 Arbeitstagen.
Eine Mitarbeiterin teilt dem Arbeitgeber mit, dass sie aufgrund einer akuten Pflegesituation die Arbeit an den folgenden Tagen nicht aufnehmen kann und macht den Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsbefreiung geltend. Noch am selben Tag kündigt sie schriftlich an, dass sie zum nächst möglichen Zeitpunkt Pflegezeit beansprucht.
Aufgrund der Möglichkeit, Arbeitsbefreiung in akut aufgetretenen Pflegesituationen und Pflegezeit zu kombinieren, muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass die/der Beschäftigte unmittelbar im Anschluss an die kurzzeitige Arbeitsbefreiung für die Dauer von bis zu 6 Monaten ausfällt.
Die Ankündigungsfrist von nur 10 Arbeitstagen wird damit begründet, dass Pflegebedürftigkeit auch sehr kurzfristig auftreten kann. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Arbeitgeber innerhalb der kurzen Ankündigungsfrist notwendige organisatorische Maßnahmen vornehmen kann. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich: "Kann die beabsichtigte Pflegezeit nicht durch eine Umverteilung der Arbeit aufgefangen werden, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, während der Ankündigungsfrist eine entsprechende Ersatzkraft für die Dauer der Pflegezeit zu suchen. Der Arbeitgeber kann den Ausfall des Beschäftigten zum Beispiel auch durch Leiharbeit ausgleichen, ohne den eigenen Personalbestand aufzustocken. Auf diese Weise sowie mit dem Recht der Arbeitgeber, bei einer teilweisen Freistellung die gewünschte Dauer oder Verteilung der verbleibenden Arbeitszeit wegen dringender betrieblicher Gründe abzulehnen, wird den berechtigten betrieblichen Belangen der Arbeitgeber Rechnung getragen. Diese werden vor Überforderung geschützt."
Der vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck, Beruf und Pflege von nahen Angehörigen zukünftig besser miteinander zu vereinbaren, ist durchaus zu begrüßen. Die Personaleinsatzplanung sowie die Personalplanung der Unternehmen und Dienststellen werden jedoch durch die Kurzfristigkeit der Ankündigung von Freistellungsansprüchen erheblich erschwert.
So zeigen bereits die Erfahrungen mit der Elternzeit, vor allem die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Elternzeit auch nach dem 3. Lebensjahr, die Rechtsansprüche der Arbeitnehmer auf Teilzeitbeschäftigung sowie die Vorgabe einer bestimmten Verteilung der reduzierten Arbeitszeit nach § 8 TzBfG und weitergehende tarifliche Ansprüche wie z. B. in § 11 TVöD, dass eine verlässliche Personalplanung kaum noch möglich ist.
Insbesondere dürfte es – entgegen den Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs – nur schwer realisierbar sein, innerhalb der kurzen Ankündigungsfrist von lediglich 10 Arbeitstagen eine Ersatzeinstellung für eine 6-monatige, möglicherweise aber auch nur wenige Wochen dauernde Abwesenheit des Beschäftigten zu tätigen. Die Einrichtung einer Personalreserve, z. B. über einen Flexibilitätspool, ist unerlässlich.
Ankündigungsfrist bei Pflegezeit im Anschluss an die Familienpflegezeit
Nimmt die/der Beschäftigte die Pflegezeit nach einer Familienpflegezeit in Anspruch, so muss sich die Pflegezeit grundsätzlich (COVID-19-pandemiebedingte Sonderregelungen) unmittelbar an die Familienpflegezeit anschließen. In diesem Fall muss die Pflegezeit mit einer Frist von 8 Wochen schriftlich angekündigt werden (§ 3 Abs. 3 Satz 6 PflegeZG).
5.2.2.1 Dauer der Pflegezeit, Höchstgrenzen, erneute Inanspruchnahme von Pflegezeit
Die Pflegezeit beträgt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG
- für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen
- längstens 6 Monate (Höchstdauer).
Nimmt die/der Beschäftigte für denselben pflegebedürftigen Angehörigen Pflegezeit und Familienpflegezeit nach § 2 FPfZG in Anspr...