Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Beschluss vom 07.03.1997; Aktenzeichen 8 Ca 8510/96)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Leipzig vom 07. März 1997 – 8 Ca 8510/96 – wird

zurückgewiesen.

Die weitere sofortige Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses vom 19. Juni 1996 zum 31. Dezember 1996 sowie um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 09. September 1996.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug folgende Anträge angekündigt:

  1. Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 19. Juni 1996 noch durch die Kündigung vom 09. September 1996 aufgelöst worden ist.
  2. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 09. September 1996 hinaus fortbesteht.

Der Kläger ist seit 01. März 1984 bei der Beklagten zuletzt als Regionalvertriebsdirektor und stellvertretender Landesdirektor tätig. Die Beklagte ist eine Bausparkasse. Der monatliche Bruttoverdienst des Klägers betrug 13.600,00 DM.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu stehen. Es sei daher der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Kläger sei nicht Arbeitnehmer, sondern freier Handelsvertreter. Daher sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 07. März 1997 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt und das Arbeitsgericht Leipzig als örtlich zuständig angesehen. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf den Beschluß vom 07. März 1997 Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 17. März 1997 zugestellten Beschluß mit einem beim Arbeitsgericht Leipzig am 26. März 1997 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Der Kläger ist der sofortigen Beschwerde mit Rechtsausführungen entgegengetreten.

Wegen des Vorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet.

1.

Bei der Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit im Verhältnis zwischen den Gerichten für Arbeitssachen und ordentlicher Zivilgerichtsbarkeit werden nach der neuesten Rechtsprechung des nunmehr für Zuständigkeitsfragen ausschließlich zuständigen Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts drei Fallgruppen unterschieden (vgl. dazu grundsätzlich BAG, Beschluß vom 24. April 1996 – 5 AZB 25/95 –, EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 31 sowie Beschluß vom 10. Dezember 1996 – 5 AZB 20/96 – zur Kritik an der Begründung des BAG vgl. Brehm, Anm. zu BAG EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 36; Hager, Anm. zu BAG AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung; Lüke JuS 1997, 217):

(1)

Zu der ersten Gruppe gehören die sogenannten „sic-non-Fälle”, in denen der Anspruch ausschließlich auf eine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, zwischen den Parteien jedoch umstritten ist, ob deren Voraussetzungen vorliegen.

(2)

Hiervon zu unterscheiden sind die sog. „aut-aut-Fälle”, in denen ein Anspruch entweder auf eine arbeitsrechtliche oder eine bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen sich aber gegenseitig ausschließen.

(3)

Schließlich gibt die sog. „et-et-Fälle”, in denen der geltend gemachte Anspruch widerspruchslos sowohl auf eine arbeitsrechtliche als auch auf eine nicht arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden kann.

Bei den „sic-non-Fällen” ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben, wenn der Kläger behauptet, Arbeitnehmer zu sein. Die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, ist für die Annahme der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit ausreichend, weil die vor dem Arbeitsgericht erhobene Klage nur dann Erfolg haben kann, wenn der Kläger Arbeitnehmer ist. Kann die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht angenommen werden, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Hauptbeispiel des „sic-non-Falles” ist die Kündigungsschutzklage, mit der sich der Arbeitnehmer gegen eine ordentliche Kündigung des Arbeitseverhältnisses richtet (dazu BAG, Beschluß vom 24. April 1996, a.a.O. sowie Beschluß vom 18. Dezember 1996 – 5 AZB 25/96 –, EzA, § 2 ArbGG 1979 Nr. 35). Die vom Arbeitsgericht angezogene Rechtsprechung des Zweiten Senats des BAG wurde für die „sic-non Fälle” vom Fünften Senat im Beschluß vom 24. April 1996, aaO, aufgegeben.

Im Streitfall ist daher für die Kündigungsschutzklage, mit der sich der Kläger gegen die ordentliche Kündigung vom 19. Juni 1996 zum 31. Dezember 1996 wendet, die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben, weil der Kläger behauptet hat, Arbeitnehmer der Beklagten gewesen zu sein.

2.

Soweit sich der Kläger mit s...

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