Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Beschluss vom 23.04.1998; Aktenzeichen 13 Ca 10302/97)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 23.04.1998 – 13 Ca 10302/97 – wird auf Kosten der Beklagten

zurückgewiesen.

Die weitere sofortige Beschwerde wird

zugelassen.

Wert des Beschwerdegegenstandes:

DM 5.000,00.

 

Gründe

1.

Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Schreiben der Beklagten vom 28.11.1997, mit welchem sich die Beklagte auf den „Sportvertrag” zwischen den Parteien vom 06.11.1996 bezog. Dieser Vertrag hatte eine Tätigkeit der Klägerin als Rennfahrerin gegen Zahlung eines Monatshonoras von DM 5.000,00 plus Umsatzsteuer zum Inhalt. Gemäß Ziff. 8.1 des Vertrages war dieser befristet bis 30.11.1997 „und verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, soweit er nicht durch einen der beiden Vertragspartner 12 Wochen vor Ablauf gekündigt wird.”

Die Klägerin begehrt ferner die Weiterbeschäftigung über den 28.11.1997 hinaus.

2.

Die Beklagte hat die Unzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gerügt, da die Klägerin nicht Arbeitnehmerin der Beklagten gewesen sei.

Die Klägerin hat dagegen den eingeschlagenen Weg zu den Gerichten für Arbeitssachen mit dem Hinweis verteidigt, der „Sportvertrag” sei als Arbeitsvertrag zu qualifizieren.

3.

Das Arbeitsgericht Chemnitz hat mit Beschluß vom 23.04.1998 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. Denn die Klägerin sei Arbeitnehmerin bei der Beklagten im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG.

Gegen diesen der Beklagten am 18.05.1998 zugestellten Beschluß richtet sich die am 02.06.1998 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde der Beklagten, die die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin mit Ausführungen bestreitet.

4.

Die (sofortige) Beschwerde ist gem. den §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere in der Beschwerdefrist gem. den §§ 78 Abs. 1 ArbGG. 577 Abs. 2 ZPO eingelegt.

5.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Vorliegend ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Allerdings bedarf es im vorliegenden Stadium des Verfahrens keiner subtilen Prüfung, ob die Klägerin Arbeitnehmereigenschaft besitzt.

Bei der Prüfung der Rechtswegzuständigkeit ist mit dem Bundesarbeitsgericht (vgl. insbesondere den Beschluß vom 24.04.1996 – 5 AZB 25/95 – in EzA Nr. 31 zu § 2 ArbGG 1979) nach Fallgruppen zu unterscheiden.

  1. Die erste Gruppe wird gebildet durch Fälle, in denen der Anspruch ausschließlich auf eine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, jedoch fraglich ist, ob deren Voraussetzungen vorliegen (sogenannter sic-non-Fall).
  2. In der zweiten Gruppe geht es um Ansprüche, die entweder auf eine arbeitsrechtliche oder auf eine bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden können, die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen sich aber gegenseitig ausschließen (sogenannte aut-aut-Fälle).
  3. In der dritten Gruppe geht es um Ansprüche, die widerspruchslos sowohl auf eine arbeitsrechtliche wie auf eine nicht arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden können (sogenannte et-et-Fälle).

In der ersten Gruppe richtet sich die Rechtswegzuständigkeit nach der – gerade umstrittenen – Rechtsnatur des Anspruchs, so daß allein maßgebend ist, ob nach dem klägerischen Antrag und nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen sich die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen schlüssig ergibt. Trifft dies zu und liegen auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen vor, so ist das Gericht verpflichtet, über den behaupteten Anspruch in der Begründetheitsstation zu entscheiden (nach Ansicht des jetzt allein zuständigen 5. Senats des BAG reicht sogar die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, zur Bejahung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit aus, siehe BAG, a. a. O.).

Lediglich in Fällen der zweiten und dritten Gruppe ist im Rahmen der Prüfung der Rechtswegzuständigkeit zu klären, ob die die Zuständigkeit begründenden Tatsachen vorliegen.

Soweit sich der Arbeitnehmer gegen eine außerordentliche Kündigung des Tätigkeitsverhältnisses wehrt, liegt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Beschluß vom 10.12.1996 – 5 AZB 20/96 – in EzA Nr. 36 zu § 2 ArbGG 1979) kein sogenannter sic-non-Fall vor, da für eine Kündigung sowohl eines Arbeitsverhältnisses wie eines freien Dienstverhältnisses § 626 BGB gelte. Die Klage könne daher sowohl auf eine arbeitsrechtliche als auch auf eine nicht arbeitsrechtliche Grundlage gestützt werden, die sich nicht notwendig ausschlössen (sogenannter et-et-Fall).

Dem folgt die Kammer, bezogen auf den vorliegenden Fall, nicht. Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist im Unterschied zu derjenigen eines freien Dienstverhältnisses, abgsehen von der allgemeingültigen Voraussetzung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB und der Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB, nämlich von...

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