Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsbefugnis. Dienstrecht. Antragsbefügnis. Frauenbeauftragte. Bestellung der Frauenbeauftragten. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Antrag auf Zulassung der Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Einer Frauenbeauftragten steht nicht das Recht zu, Beanstandungen oder ihre Rechtsauffassung gerichtlich durchzusetzen. Es fehlt ihr insoweit an der von § 42 Abs. 2 VwGO geforderten Antragsbefügnis.
Normenkette
VwGO § 42 Abs. 2; SächsFFG § 19 Abs. 1 S. 1, § 18 Abs. 1, §§ 21-22
Verfahrensgang
VG Leipzig (Beschluss vom 29.10.1999; Aktenzeichen 3 K 1939/99) |
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 29. Oktober 1999 – 3 K 1939/99 – wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf DM 4.000,– festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag richtet sich gegen den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hatte den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig bereits in seinem an das Verwaltungsgericht Leipzig gerichteten Antrag als Antragsgegner bezeichnet. Diese Bezeichnung hat das Verwaltungsgericht wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere bei der vorliegenden Eilbedürftigkeit üblich auf die Stadt Leipzig geändert, weil es von einer fehlerhaften Bezeichnung des Antragsgegners ausgegangen ist. Indes ist spätestens mit der Antragsschrift auf Zulassung der Beschwerde klargestellt, dass die Antragstellerin ausdrücklich als Antragsgegner den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig sieht. Für eine von Amts wegen vorzunehmende Berichtigung der Bezeichnung des Antragsgegners ist somit kein Raum (vgl. hierzu Meissner in Schoch et al., VwGO, § 78 RdNrn. 55 ff).
2. Der vorgetragene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das der Bestellung der Frauenbeauftragten der Stadt Leipzig vorgelagerte Verfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu wiederholen und hilfsweise dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das Verfahren der Bestellung zur Frauenbeauftragten der Stadt Leipzig weiterzuführen. Denn der Antragstellerin fehlt die im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO ebenso wie im Hauptsacheverfahren nach § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Antragsbefugnis. Als Frauenbeauftragte steht ihr nicht das Recht zu, Beanstandungen oder ihre Rechtsauffassung gerichtlich durchzusetzen.
Der Zulässigkeit des Antrages steht entgegen, dass die Frauenbeauftragte der Körperschaft des öffentlichen Rechts Stadt Leipzig zugeordnet (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SächsFFG) ist und sie in dieser Eigenschaft ihren Antrag gegen den dieser Körperschaft ebenfalls zugeordneten Oberbürgermeister richtet. Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich um einen unzulässigen Insichprozess. Die Antragstellerin kann nämlich nicht geltend machen, durch die Durchführung des Verfahrens im Vorfeld der Bestellung einer Frauenbeauftragten nach § 18 Abs. 1 SächsFFG in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Sogenannte Insichprozesse, in denen Identität des Rechtsträgers zweier sich einander gegenüber stehender Behörden oder Organe gegeben ist, sind nicht ohne Ausnahme stets unzulässig (vgl. hierzu und zu dem Folgenden: SächsOVG, Beschl. v. 25.9.1998, SächsVBl. 1999, 35 f.). Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsprozessrechts, aus dem die Unzulässigkeit eines Insichprozesses abgeleitet werden kann. Insbesondere im Verwaltungsprozess kann auch ein Streit innerhalb eines Rechtssubjekts eine gerichtliche Entscheidung erfordern. Zwar sind Körperschaften des öffentlichen Rechts rechtsbegrifflich einheitlich. Der Einheitlichkeit der Willensbildung in der Körperschaft sind aber Grenzen gesetzt mit Rücksicht auf ihre Gliederung in verschiedene Organe, auf den horizontalen und vertikalen Behördenaufbau sowie im Hinblick auf die in der öffentlichen Verwaltung bestehenden Weisungsbefugnisse und Weisungsfreiheiten. Hieraus folgt jedoch nicht unmittelbar die Zulässigkeit eines Insichprozesses. Dieser wird erst dann zulässig, wenn entweder der Gesetzgeber diesem Bedürfnis Rechnung trägt und den Insichprozess ausdrücklich normiert oder wenn im Wege der Auslegung der jeweils einschlägigen Bestimmungen ermittelt werden kann, dass eine Rechtsverletzung des Organs oder der Behörde durch die angegriffene Entscheidung möglich ist. Das heißt, dass die Antragstellerin eine Verletzung eigener Rechte für sich geltend machen können muss. Dies hängt davon ab, mit welchen eigenen Rechten die Antragstellerin des Insichprozesses von der Rechtsordnung ausgestattet worden ist.
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