2.1 Verlängerung der Anspruchsdauer auf Alg (Abs. 1)
Rz. 3
Die Vorschrift ist ursprünglich recht einfach und gut nachvollziehbar formuliert gewesen. Die wiederholte zeitraumbezogene Anschlussregelung in Abs. 3 hat die Übersichtlichkeit deutlich erschwert. Die Schwierigkeiten treten zudem bei der effizienten Umsetzung auf.
Rz. 4
Mit der Regelung des Abs. 1 soll der Versicherungsschutz für Personen verbessert werden, die in der Krisensituation am Arbeitsmarkt infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie aus dem Schutz der Arbeitslosenversicherung fallen würden. In dieser Phase, in der die Möglichkeiten und Chancen, eine neue Beschäftigung zu finden und aufzunehmen, in gravierender Weise eingeschränkt sind, sollen die Betroffenen nach der Gesetzesbegründung nicht unmittelbar auf das Leistungssystem der Grundsicherung für Arbeitsuchende verwiesen werden. Die Regelung verfolgt insoweit das Ziel, die soziale Absicherung im Versicherungssystem zumindest für eine absehbar besonders betroffene Gruppe von Alg-Beziehern für eine bestimmte Zeit aufrechtzuerhalten. Mit Blick darauf, dass die Arbeitsförderung inklusive der Arbeitslosenversicherung bereits in unterschiedlichen Bereichen erhebliche Beiträge zur Bewältigung der Krisensituation leistet und diese Leistungsverpflichtungen derzeit insgesamt schwer abzuschätzen sind, soll die einmalige Verlängerung der Anspruchsdauer auf 3 Monate begrenzt werden, um die Funktionsfähigkeit des Leistungssystems der Arbeitslosenversicherung nicht zu gefährden. Aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Beitragsmittel ist die Regelung auf Sachverhalte beschränkt, in denen sich der Anspruch in der Zeit vom 1.5.2020 bis 31.12.2020 tatsächlich erschöpft. Die Verlängerung der Anspruchsdauer um pauschal 3 Monate soll erst dann erfolgen, wenn sich die Dauer eines Anspruchs auf Alg tatsächlich bis auf einen Tag gemindert hat. Damit knüpft die Vorschrift an die in § 148 getroffenen Regelungen zur Minderung der Anspruchsdauer an. Danach mindert sich die Dauer eines Anspruchs auf Alg unter den in § 148 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 aufgeführten Voraussetzungen, im Regelfall also um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch erfüllt worden ist (§ 148 Abs. 1 Nr. 1). Die Verlängerung der Anspruchsdauer um 3 Monate soll deshalb erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, an dem sich die Anspruchsdauer durch Erfüllung oder unter Berücksichtigung der sonstigen, in § 148 Abs. 1 genannten Tatbestände faktisch auf einen Tag gemindert hat. Vor diesem Zeitpunkt, z. B. im Falle einer Unterbrechung des Leistungsbezuges wegen einer Arbeitsaufnahme, mit einem dann noch bestehenden Restanspruch von mehr als einem Tag, erfolgt eine Verlängerung der Anspruchsdauer nicht.
Rz. 5
Der Gesetzeswortlaut stellt auf den letzten Tag der Anspruchsdauer auf Alg ab. Hinzu tritt die Frist v. 1.5.2020 bis 31.12.2020 für die Minderung auf diesen letzten Tag. Das führt dazu, dass der Anspruch auf Alg ohne eine Verlängerung vollständig erfüllt wäre, wenn die Leistung für den entsprechenden Tag erbracht und die dazu gehörende Minderung der Anspruchsdauer vollzogen wird. Für den ersten Tag der Frist muss also am 1.5.2020 noch eine Restanspruchsdauer von einem Tag verblieben sein. Das ist jedenfalls nicht der Fall, wenn die Anspruchsdauer insgesamt 12 Monate betragen hat und durchgehend seit dem 1.5.2019 erfüllt wurde (§ 147 Abs. 2). Das trifft auch auf die anderen Anspruchsdauern zu, deren letzter Monat den April 2020 bildet. Eine Verlängerung der Anspruchsdauer findet also nicht statt. Am Ende der Frist zeigt sich das umgekehrte Bild. Von einem Anspruch von 12 Monaten, der seit dem 1.1.2020 erfüllt wurde, ist am 31.12.2020 noch ein Tag verblieben, die Anspruchsdauer wird pauschal um 3 Monate verlängert. Das trifft auch auf alle anderen Anspruchsdauern in Monaten zu, deren letzter Monat bei durchgehender Erfüllung der Dezember 2020 ist. Diese Beispiele gehen von einem durchgehenden Bezug von Alg ohne Störfälle aus, also z. B. auch davon, dass es zu keiner (zusätzlichen) Anspruchsdauerverminderung durch den Eintritt einer Sperrzeit kommt. Die Regelung des Abs. 1 ist nicht analogiefähig (LSG Hessen, Beschluss v. 14.4.2021, L 7 AL 42/21 B ER). Verfassungsrechtliche Bedenken, etwa in Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz, bestehen demzufolge nicht.
Rz. 6
Wurde der Leistungsbezug bei einer nach Monaten bemessenen Anspruchsdauer für einen kurzen Zeitraum ohne Verminderung der Anspruchsdauer unterbrochen, z. B. bei einem missglückten Arbeitsversuch, kann sich das Leistungsende schon über das Ende der Frist hinaus in den Januar 2021 verschieben und eine Verlängerung der Anspruchsdauer ist nicht mehr möglich. Andererseits kann ein Anspruch um 3 Monate pauschal zu verlängern sein, weil er zwar bei durchgehendem, nahtlosem Bezug von Alg schon vor dem 1.5.2020 erschöpft gewesen wäre, aber durch Unterbrechung des Leistungsbezuges, etwa aufgrund einer Zwischenbeschäftigung, der letzte Tag der Anspruchsdauer nunmehr in die Frist v. 1.5.2020 bis 31.12.2020 fällt. Ist es zu einer Verlängerung des Anspruch...