Rz. 245
Der Arbeitsvertrag ist ein privatrechtlicher, sog. gegenseitiger Austauschvertrag zwischen 2 gleichberechtigten Personen, in dem sich der Arbeitnehmer verpflichtet, abhängige, fremdbestimmte oder unselbstständige Arbeit nach Weisung des Arbeitgebers verpflichtet. Im Gegenzug ist der Arbeitgeber zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet. Die Arbeit dient also nicht der Befriedigung eigener Bedürfnisse des Arbeitnehmers, vielmehr ist Arbeit im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Der Arbeitsvertrag (§ 611a BGB) bildet einen Unterfall des Dienstvertrages (§§ 611 ff. BGB). Arbeitsrechtliches Sonderrecht ist auf den Dienstvertrag nicht anzuwenden. Der Arbeitnehmer schuldet eine Arbeitsleistung, nicht dagegen einen bestimmten Erfolg.
Rz. 246
Es ist Sache des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer durch Anleitung und Anweisung so einzusetzen, dass die Arbeit des Arbeitnehmers zu dem gewünschten Erfolg führt.
Ein als Fahrradlieferant ("Rider") beschäftigter Arbeitnehmer hat aus § 611a Abs. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Bereitstellung eines geeigneten Fahrrads und Mobilfunkgeräts als essenzielle, geeignete Arbeitsmittel (BAG, Urteil v. 10.11.2021, 5 AZR 334/21).
Durch den Arbeitsvertrag wird das Arbeitsverhältnis begründet. Durch ihn wird unverzichtbar die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und die Lohnzahlung durch den Arbeitgeber begründet. Auf anderer rechtlicher Grundlage werden Beamte, Richter und Soldaten, Mitglieder religiöser Gemeinschaften und Strafgefangene tätig. Keinen Arbeitnehmerstatus haben meist auch Familienangehörige, die aufgrund familiärer Bindung Arbeitsleistungen erbringen. Ob gleichwohl ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist im Einzelfall festzustellen und zu entscheiden. Entscheidend ist aber für die Beurteilung von Sperrzeittatbeständen, ob durch ein Arbeitsverhältnis auch ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet wurde (oder für Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 werden soll).
Rz. 247
Arbeitsverhältnisse werden vielfach untergliedert, z. B. nach der Berechnung der Vergütung (z. B. Stundenlohn, Akkordlohn) oder nach beruflichen Besonderheiten (z. B. gewerbliche Verträge, Heuerverträge). Für Arbeitsverträge gilt in Bezug auf den Abschluss schlechthin, den Arbeitsvertragspartner, die Form und den Inhalt Vertragsfreiheit. Arbeitsrechtliche Vorschriften dienen meist dem Schutz des Arbeitnehmers. Grundsätzlich muss beachtet werden, ob Gebotsbestimmungen eingehalten sind oder verletzt wurden, die den Arbeitsvertrag ganz oder teilweise nichtig machen, eine abweichende Regelung in Tarifverträgen zulassen, dann allerdings nur für tarifgebundene Parteien gelten. Für tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten Tarifverträge unmittelbar. Ein Wiedereingliederungsverhältnis ist nicht Teil des Arbeitsverhältnisses, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind von den Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses befreit.
Der Arbeitgeber konkretisiert die Arbeitspflicht durch Ausübung des Weisungsrechts, wenn diese zwar dem Umfang nach, aber im Übrigen im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung. Eine wirksame Weisung des Arbeitgebers hat für den Arbeitnehmer Bestand, bis sie durch eine andere (wirksame) Weisung ersetzt wird. Der Arbeitnehmer kann (und muss) seine Arbeitsleistung so erbringen, wie sie durch die letzte wirksame Weisung konkretisiert wurde. Die Erteilung einer neuen Weisung durch den Arbeitgeber ist im Rahmen der arbeitsvertraglichen Bestimmungen jederzeit möglich, aber nur mit Wirkung für die Zukunft. Nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ist die Weisung nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht (BAG, Urteil v. 15.6.2021, 9 AZR 217/20).
Rz. 247a
Schließt der Arbeitgeber Umkleidezeiten von der Vergütungspflicht aus und unterfällt dies der vorgenommenen Disposition der Tarifvertragsparteien, muss der Arbeitgeber gleichwohl den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten (BAG, Urteil v. 13.12.2016, 9 AZR 574/15). Zum Feststellungsinteresse bei Zwischenfeststellungsklage in diesem Zusammenhang vgl. BAG, Urteil v. 7.2.2019, 6 AZR 84/18. Zu Umkleidezeiten in der Chemischen Industrie vgl. BAG, Urteil v. 12.12.2018, 5 AZR 124/18. Eine Vergütungspflicht besteht insbesondere bei Dienstkleidung, die im Betrieb anzulegen ist.
Ist ein Anspruch auf Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten durch Tarifvertrag ausgeschlossen, kann ein Arbeitnehmer eine solche Vergütung nicht beanspruchen (BAG, Urteil v. 5 AZR 572/20). Damit wird die Möglichkeit nicht genutzt, durch Arbeits- oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Umkleide- und Wegezeiten zu treffen (vgl. BAG, Urteil v. 12.12.2018, 5 AZR 124/18).
Rz. 248
Ein geschlossener Arbeitsvertrag ist auch wirksam, wenn bereits bei seinem Abschluss die Erfüllung der darin vereinbarten Pflichten unmöglich ist. Er bildet den Rechtsgrund f...