Rz. 19
Abs. 3 Satz 2 ermöglicht die Übertragung weiterer Aufgaben auf die Bundesagentur für Arbeit durch Verwaltungsvereinbarung. Eine solche Verwaltungsvereinbarung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag. Vertragspartner sind die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit. Das fachlich zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist zum Abschluss einer Vereinbarung nach Abs. 3 Satz 2 nicht ermächtigt.
Rz. 20
Zur Durchführung von befristeten überregionalen und regionalen Arbeitsmarktprogrammen zum Abbau der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen und zur Förderung des Angebots an Ausbildungsplätzen für diesen Personenkreis nach § 104 Abs. 3 SGB IX vgl. die Komm. dort.
Rz. 21
Die Regelung betrifft nur befristete Arbeitsmarktprogramme. Dabei dürfte es sich um kurzfristige Aktionen in eng begrenztem Umfang handeln, die nach ihrer Bedeutung nicht zur dauerhaften Einfügung in das SGB III geeignet sind. Die Bundesagentur für Arbeit hat wiederholt darauf hingewiesen, dass das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium unübersichtlich und in der Praxis kaum zu handhaben ist. Der Gesetzgeber hat dem beigepflichtet (vgl. BT-Drucks. 15/1515). Die zum 1.1.2009 umgesetzte Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente mit deren Neuausrichtung hat daran nichts entscheidend verändert. Eine grundlegende Neuordnung ist im Wesentlichen am 1.4.2012 in Kraft getreten.
Rz. 21a
Ungeachtet rechtlicher Erwägungen ist die differenzierte Wirkung von Arbeitsmarktprogrammen schon fraglich, soweit das SGB III bereits entsprechende Leistungen vorsieht. Im politischen Raum dienen Arbeitsmarktprogramme allerdings auch zum Nachweis beschäftigungsorientierter Aktivitäten. Schließlich dienen Tendenzen, Aufsicht und Weisung durch Vereinbarung von Zielen zu ersetzen, auch einer Ausweitung von Verwaltungsvereinbarungen statt der Schaffung gesetzlicher Regelungen.
Rz. 22
Dennoch begegnet die Praxis des Abs. 3 Satz 2 einigen rechtlichen Bedenken, die Becker (in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 368 Rz. 36 ff.) ausführlich diskutiert. Fraglich ist schon, ob Abs. 3 Satz 2 dem Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I gerecht wird. Durch Vertrag kann die Bundesregierung der Bundesagentur für Arbeit die Durchführung jeglicher Arbeitsmarktprogramme übertragen, weil Abs. 3 Satz 2 in keiner Weise Ziele, Inhalte, Personen oder Leistungen näher umschreibt. Eine Zuordnung ist allein anhand des Teilbegriffs "Arbeitsmarkt" und den Indikatoren "Befristung" und "Programm" vorzunehmen.
Rz. 23
Befristet ist ein Arbeitsmarktprogramm in diesem Sinne nur, wenn es sich auf eine Dauer von i. d. R. einem Jahr erstreckt, in begründeten Ausnahmefällen kann auch einmal eine Dauer von 18 Monaten oder 2 Jahren dem Befristungsgebot entsprechen. Arbeitsmarktprogramme werden jedoch zwischenzeitlich häufiger längerfristig angelegt, weil sie auf die Beseitigung struktureller Schwächen fokussieren, die nicht kurzfristig nachhaltig beseitigt werden können. Im Lichte dieser Entwicklung wird man auch Programme bis in die Näher der Dauer einer Legislaturperiode als befristet ansehen. Im Übrigen wären die Leistungen aus dem Programm gesetzlich zu verankern. Von einer Befristung kann nicht mehr ausgegangen werden, wenn ein Arbeitsmarktprogramm unter Umständen sogar mehrfach verlängert wird.
Rz. 24
Um ein Programm handelt es sich in diesem Sinne nur, wenn eine konkret eingrenzbare Schwachstelle behoben oder gelindert werden soll, z. B. Unterstützung für eine konkret eingrenzbare Zielgruppe in einer spezifischen Situation geleistet werden soll und die dafür erforderlichen Leistungen nicht bereits nach dem SGB III gewährt werden können. Selbst dann empfiehlt sich eine auch nur vorübergehend gesetzliche Einordnung in das SGB III.
Rz. 25
Becker (a. a. O.) hat auf das Problem und die divergierende Rechtsprechung des BSG (Urteile v. 24.11.1994, 7 RAr 54/93, bestätigt durch Urteil v. 5.9.2006, B 7a AL 62/05 R, und demgegenüber Urteil v. 26.3.1998, B 11 AL 37/96) dazu hingewiesen, dass durch Richtlinien für die Durchführung eines Arbeitsmarktprogramms eine verfassungsrechtlich nicht vorgesehene Rechtsquellenart geschaffen werden könnte, die nur dadurch überwunden wird, dass entsprechend der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG davon auszugehen ist, dass die Richtlinien Bestandteile des öffentlich-rechtlichen Vertrags sind. Einem aufgrund der Richtlinien bestimmbaren Dritten wird ein Anspruch auf Entscheidung aufgrund der Richtlinien zugestanden. Damit ist eine rechtliche Basis und nicht nur eine Selbstbindung der Verwaltung geschaffen, um über alle Förderfälle entscheiden zu können. Das BSG hat zwischenzeitlich unter Aufgabe seiner Rechtsprechung v. 26.3.1998 entschieden, dass Richtlinien, die sich auf eine geschlossene Verwaltungsvereinbarung i. S. des Abs. 2 Satz 2 stützen, keine rechtlich isoliert zu wertenden Verwaltungsvorschriften sind, sondern als Rechtsnormen mit Außenwirkung Verbindlichkeit haben. In diesem Zusammenhang wurde auch klargestellt, dass bei einer Verlängerung befristeter Arbeits...