2.4.1 Leistungsvorrang
Rz. 27
Der Anwendung des Abs. 2 als arbeitsmarktpolitisches Instrument müssen durch die Agentur für Arbeit verschiedene Prüfschritte vorausgehen. Durch das Gesetz wird bereits ausdrücklich bestimmt, dass eine Förderung nicht möglich ist, soweit eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers, also zur behindertengerechten Ausstattung des Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzes, nicht nach Teil 3 des SGB IX besteht.
Rz. 28
Teil 3 des SGB IX betrifft besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen, mithin das Schwerbehindertenrecht. Kapitel 3 behandelt u. a. über die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber hinausgehende sonstige Pflichten des Arbeitgebers bzw. Rechte des schwerbehinderten Menschen. Dazu gehört nach § 164 SGB IX das Recht der schwerbehinderten Menschen auf behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr (§ 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX) und die Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen (§ 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX) unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Ein Anspruch besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.
Rz. 29
Der Anspruch nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB IX steht schwerbehinderten Menschen und ihnen gleichgestellten Personen zu, also nicht den übrigen Menschen mit Behinderungen. Demgegenüber ist die Leistung nach Abs. 2 nicht auf bestimmte Menschen mit Behinderungen beschränkt. Die Vorrangprüfung beschränkt sich damit zunächst auf den möglichen Anspruch schwerbehinderter Menschen und gleichgestellter Personen gegen den Arbeitgeber.
Rz. 30
Dem Anspruch kann der Arbeitgeber Unzumutbarkeit und unverhältnismäßige Aufwendungen entgegenhalten. Solche Einwände hat die Agentur für Arbeit kritisch zu prüfen. Hierbei ist schon bei der Ausgangslage zu berücksichtigen, ob und inwieweit der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht in Bezug auf schwerbehinderte Menschen erfüllt. Leistungen nach Abs. 2 sind jedenfalls von vornherein nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil ein Arbeitgeber mehr schwerbehinderte Menschen beschäftigt als ihm aufgrund der Beschäftigungspflicht obliegt.
Rz. 31
Bei der weiteren Prüfung wird die Agentur für Arbeit darauf zu achten haben, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers gestalten. Dabei werden z. B. die Betriebsgröße, der Umfang der Waren- und Dienstleistungsproduktion einerseits, aber auch der Umfang der einzelnen Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzmaßnahme und die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die betroffenen Arbeitnehmer eine Rolle spielen, also z. B. deren Schutzbedürftigkeit vor eintretender Arbeitslosigkeit.
Rz. 32
Ferner ist von Bedeutung, ob eine Ausgestaltungsmaßnahme eine Mehrzahl von Arbeitnehmern betrifft oder nur auf eine einzige in Betracht kommende Person zugeschnitten ist. In die Betrachtung sind die Gesamtkosten für den Arbeitgeber einzustellen, die auch förderungswürdig dem Grunde nach sind, also über eine konkrete Installation am Arbeitsplatz selbst hinaus, etwa sanitäre Einrichtungen, Zufahrtswege für Rollstuhlfahrer usw., sowie Nebenkosten für die Planung, die Erstellung von notwendigen Gutachten oder etwaige Gebühren.
Rz. 33
Die Agentur für Arbeit hat ferner zu prüfen, ob Leistungen nach § 49 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 an den Menschen mit Behinderungen als technische Arbeitshilfen zu gewähren sind. Dann handelt es sich um eine persönliche Förderung des Arbeitnehmers, die technische Einrichtung geht in sein Eigentum über und kann im Falle eines Arbeitsplatzwechsels mitgenommen werden.
2.4.2 Arbeitsmarktpolitischer Effekt der Förderung
Rz. 34
In arbeitsmarktpolitischer Hinsicht ist für eine Förderung nach Abs. 2 weiterhin Voraussetzung, dass der Zuschuss erforderlich ist, um eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen oder zu sichern. In Bezug darauf bedarf es wiederum einer Prognose der Beratungs- und Vermittlungsfachkraft der Agentur für Arbeit. Sie hat festzustellen, ob eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben bereits erreicht wurde oder nicht. Im Falle der 1. Alt. (dauerhafte Teilhabe noch nicht erreicht) kommt es darauf an, ob eine solche durch die Förderung erreicht werden kann, ohne dass einfachere Hilfen in gleicher Weise zur Erreichung dieses Zieles führen können. Es entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Sparsamkeit, dass Beitragsmittel aus der Arbeitslosenversicherung nur in dem Maße für die Förderung aufgewendet werden, in dem sie nicht durch andere Maßnahmen umgangen oder vermindert werden können. Das läuft darauf hinaus, dass die Beratungs- und Vermittlungsfachkraft Alternativlosigkeit im Hinblick auf den Zuschuss zur...