Sehr weitgehend sind die vorgesehenen Änderungen im Rentenversicherungsrecht für Selbständige. Zunächst muss sich der freie Mitarbeiter/Selbständige der Frage der und damit dem oben dargestellten Fünf-Punkte-Katalog stellen.
Wird er danach als Selbständiger beurteilt, so erklärt ihn der Gesetzgeber trotz seiner Selbständigkeit für sozial schutzbedürftig und unterwirft ihn der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht jedoch den übrigen Bereichen der Sozialversicherung.
3.2.1 Abgrenzungskriterien
Der freie Mitarbeiter/selbständige Unternehmer ist nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI als "arbeitnehmerähnlicher Selbständiger" rentenversicherungspflichtig:
Soweit die Kriterien
- "Die Person beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig im Monat 325 EUR übersteigt" und
- "Die Person ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig"
erfüllt sind, besteht Rentenversicherungspflicht für den geschilderten Personenkreis. Die Beiträge müssen die Auftragnehmer selbst tragen.
Hauptsächlich betroffen sein werden von der Rentenversicherungspflicht wohl Handelsvertreter, die in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI nicht ausgenommen sind.
3.2.2 Generelle Befreiungsmöglichkeit
Künftig besteht eine vorübergehende Befreiungsmöglichkeit in der Phase der Existenzgründung für die ersten drei Jahre der Tätigkeit. Die Befreiung wird ohne Nachweis einer Altersvorsorge gewährt. Die genannte Befreiungsmöglichkeit steht ausdrücklich auch Personen zu, die sich bereits vor dem 1. 1. 1999 selbständig gemacht haben. Voraussetzung ist, dass der Drei-Jahres-Zeitraum nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch nicht überschritten ist.
Ergänzt wird die Regelung durch eine generelle Befreiung in der Phase des altersbedingten Übergangs aus einer selbständigen Tätigkeit in die Nichterwerbstätigkeit. Nach Vollendung des 58. Lebensjahres hat der Selbständige in Zukunft die Möglichkeit, sich generell von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen.
3.2.3 Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei arbeitnehmerähnlicher Selbständigkeit
Liegen die Voraussetzungen nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI "arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit" (vgl. Rentenversicherungspflicht wegen arbeitnehmerähnlicher Selbständigkeit) vor, so können sich arbeitnehmerähnliche Selbständige, die erst aufgrund der neuen Rechtslage ab 1. Januar 1999 versicherungspflichtig werden - also nicht die Voraussetzungen des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffes erfüllen (vgl. Der Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsrechts) - auf ihren Antrag hin von dieser Versicherungspflicht befreien lassen.
Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erfolgt, wenn der Selbständige
- entweder vor dem 2. Januar 1949 geboren ist (für diesen Personenkreis wird vermutet, dass eine private rentenversicherungsrechtliche Absicherung besteht)
oder vor dem 10. Dezember 1998 mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen einen Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen hat, der so ausgestattet ist oder bis zum 30. Juni 1999 so ausgestattet wird, dass
- Leistungen für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres sowie im Todesfall Leistungen an Hinterbliebene erbracht werden und
- für die Versicherung mindestens ebenso viel Beiträge aufzuwenden sind, wie Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen wären.
Ob die Voraussetzungen der Befreiung vorliegen, entscheidet der Rentenversicherungsträger.
3.2.4 Übergangsregelung
Durch die Neufassung des § 231 Abs. 5 Satz 1 SGB VI wird die bisherige Übergangsregelung zur Rentenversicherungspflicht erweitert.
Die Erweiterung der gesetzlichen Regelung besteht zum einen darin, dass neben der Lebensversicherung oder privaten Rentenversicherung oder einer betrieblichen Altersversorgung in Zukunft für diesen Personenkreis auch andere Formen der Altersvorsorge berücksichtigt werden sollen, wenn sie nach Art und Umfang vergleichbar sind. Ausreichen soll auch, wenn vorhandenes Vermögen, z.B. Grund- und Finanzvermögen vorliegen.
Daneben besteht die Erweiterung darin, dass sich künftig alle Personen unter Hinweis auf eine alternative Altersversorgung befreien lassen können, wenn sie bereits am 31. 12. 1998 tätig waren.
Es gilt jedoch der Grundsatz, dass die Befreiung binnen eines Jahres nach Beginn der Versicherungspflicht zu beantragen ist, wobei die Frist jedoch nicht vor dem 30. 6. 2000 abläuft.