Rz. 10
Nach Abs. 4 Satz 3 sind die Vertrauensleute nicht nur in dem für die Durchführung ihrer Aufgaben notwendigen Umfang von der Arbeit zu befreien, der gleiche Befreiungsanspruch gilt auch für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Voraussetzung ist, dass diese Veranstaltungen für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderliche Kenntnisse vermitteln.
Rz. 11
Solche Schulungs- und Bildungsveranstaltungen werden von den Integrationsämtern oder in deren Auftrag von externen Bildungsträgern angeboten. Aus Mitteln der Ausgleichsabgabe werden Schulungs- und Bildungsveranstaltungen gefördert, wenn es sich um Veranstaltungen der Integrationsämter handelt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Ausgleichsabgabeverordnung). Die Durchführung solcher Maßnahmen durch andere Träger kann gefördert werden, wenn die Maßnahmen erforderlich und die Integrationsämter an ihrer inhaltlichen Gestaltung maßgeblich beteiligt sind.
Rz. 12
Im Rahmen dieser Vorschrift werden von den Integrationsämtern die Kosten für die Anmietung von Schulungsstätten, Informationsmaterial, Kosten für Referenten übernommen. Soweit darüber hinaus den Vertrauenspersonen Kosten entstehen, besteht ein Kostenübernahmeanspruch gegenüber dem Arbeitgeber (Abs. 8).
Rz. 13
In der Praxis ist die Frage streitig, ob und in welchem Umfang die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen erforderlich ist. Eine § 37 Abs. 7 BetrVG vergleichbare Regelung, nach der jedes Mitglied des Betriebsrats über die im Einzelfall zu entscheidende Notwendigkeit von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen hinaus während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für insgesamt drei Wochen, bei erstmaliger Übernahme des Amtes für 4 Wochen hat, ist im Bereich der Schwerbehindertenvertretungen nicht vorgesehen. Diese Regelungen sollten in der Praxis aber Anhaltspunkt sein. Im Übrigen können die Maßstäbe der Integrationsämter zur Schulung von Vertrauenspersonen herangezogen werden.
Rz. 14
Durch Art. 2 des Bundesteilhabegesetzes v. 23.12.2016 sind die bisherigen Sätze 3 und 4 durch einen neuen Satz ersetzt und damit die Ansprüche der Vertrauensperson und der Stellvertretung zusammengefasst worden. Satz 4 in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung sah Schulungsmöglichkeiten für Stellvertreter nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen vor. So hatte ein stellvertretendes Mitglied ein Recht auf Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, wenn die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen wegen ständiger Heranziehung zu den Aufgaben der Vertrauensperson, wegen häufiger Vertretung des Amtsinhabers für längere Zeit oder dann, wenn mit dem Nachrücken des stellvertretenden Mitglieds in das Amt der Vertrauensperson in absehbarer Zeit zu rechnen ist, notwendig war. Der Gesetzgeber folgte der Auffassung der Praxis, dass diese eingeschränkten Fortbildungsmöglichkeiten den Anforderungen an die stellvertretende Person nicht mehr gerecht werden. Da die Schwerbehindertenvertretung nur aus einer Person bestehe, könne der Vertretungsfall jederzeit eintreten. Die Stellvertretung müsse in der Lage sein, fachkundig aufzutreten.
Inhaltlich werden mit der Zusammenfassung der bisherigen Sätze 3 und 4 die Ansprüche der Stellvertretung erweitert. Neben der Vertrauensperson hat die erste Stellvertretung einen Schulungsanspruch (HS 1) sowie - der Neufassung des § 95 Abs. 1 Satz 5 durch dieses Gesetz folgend - in den Betrieben und Dienstellen, in denen aufgrund der Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten weitere stellvertretende Mitglieder herangezogen werden können, auch diese weiteren stellvertretenden Personen.