Rz. 9
Das 2006 von der UNO-Generalversammlung in New York verabschiedete Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (auch: Behindertenrechtskonvention bzw. BRK und UN-BRK genannt) ist ein von über 100 Staaten geschlossener völkerrechtlicher Vertrag, der Menschenrechte für die Lebenssituation behinderter Menschen konkretisiert, um ihnen die gleichberechtigte Teilhabe bzw. Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dieses Übereinkommen ist in Deutschland im Jahr 2009 durch das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13.12.2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen v. 21.12.2008 (BGBl. II S. 1419) Gesetz geworden.
Mit der Umsetzung der Konvention verpflichtet sich Deutschland, einen gleichberechtigten Zugang von behinderten Menschen zu Umwelt, Transportmitteln, Information, Kommunikation, Bildung und Arbeit/Beruf zu schaffen. D.h., Menschen mit Behinderung werden nicht ausgesondert; vielmehr ist dort, wo bei Ihnen der Hilfebedarf besteht, die Hilfe so zu organisieren, dass behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam handeln können. Nicht der einzelne behinderte Mensch muss sich anpassen, sondern die Strukturen müssen sich so verändern, dass behinderte Menschen von Anfang an in jede Lebenssituation eingebunden sind und ihre Teilhaberechte geachtet werden (Inklusion). Dadurch wurde eine neue Sicht der Behinderung und der Unterstützung von behinderten Menschen geschaffen.
Aufgrund dieser umfangreichen Rechte entstehen für die behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen weitreichende Rechte auch gegenüber den Rehabilitationsträgern sowohl in Bezug auf den Teilhabebedarf als auch in Bezug auf den Leistungsanspruch.
Ein Schüler, der bisher aufgrund seiner schweren körperlichen Behinderung die Sonderschule besuchte, hat das Recht, eine "normale" Schule zu besuchen. Die angemessenen Vorkehrungen hierfür (Hilfsmittelversorgung, Assistenz usw.) und die behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeits-/Schulbedingungen sind Aufgabe des Staates und seiner Einrichtungen (z. B. Schulträger für die räumliche Ausstattung wie Aufzug) und der Rehabilitationsträger.
Rz. 9a
Nach Art. 1 Abs. 2 der BRK (Text vgl. BGBl. I 2008 S. 1420) sind Menschen behindert, wenn sie langfristige
haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe in der Gesellschaft hindern können.
Bereits in der Präambel der BRK wird unter Buchst. e auf den Begriff "Behinderung" Bezug genommen. Dort wird beschrieben, dass sich das Verständnis von Behinderung ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. Diese Erläuterung verdeutlicht, dass ein Verständnis von "Behinderung" nicht als fest definiertes Konzept verstanden wird, sondern von gesellschaftlichen Entwicklungen abhängig ist.
Rz. 9b
Der BRK liegt ein Verständnis von Behinderung zugrunde, das jede Form körperlicher, seelischer, geistiger oder Sinnesbeeinträchtigung als normalen Bestandteil menschlichen Lebens und menschlicher Gesellschaft ausdrücklich bejaht und darüber hinaus als Quelle möglicher kultureller Bereicherung wertschätzt ("diversity-Ansatz"). Menschen mit einer Behinderung sollen nach Möglichkeit wie gesunde Menschen leben. Das bedeutet, dass sie mit gesunden Menschen zusammenleben und sich bei der Teilhabe ihnen zugehörig fühlen sollen. Wesentlich ist die Art und das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung, nicht dagegen allein die Art und das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung.
Aufgrund der Definition der Behinderung in Art. 1 Abs. 2 BRK kommt es nicht allein auf ein objektives Defizit des Betroffenen an, sondern darauf, wie das gesellschaftliche Umfeld auf seine Andersartigkeit reagiert. Ein Mensch ist danach behindert, wenn er nicht oder nicht mehr gleichberechtigt mit anderen uneingeschränkt und wirksam am beruflichen oder sonstigen gesellschaftlichen Leben (u. a. auch Freunde besuchen) teilnehmen kann (Partizipationsmodell). Deutlich wird die Auslegung des Begriffs des "Menschen mit Behinderung" mit den Grundsätzen, denen laut Art. 3 BRK folgende Grundrechte zugrunde liegen:
- die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit,
- die Nichtdiskriminierung,
- die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft,
- die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit,
- die Ch...