Diversität und Inklusion: Nachholbedarf in Unternehmen

In den 17 SDGs sind Diversität und Inklusion ausdrücklich als Ziel benannt. Das soll zur Reduktion von Ungleichheiten in der Wirtschaft und Gesellschaft beitragen. Trotz wachsender Aufmerksamkeit für das Thema gelingt das Vorankommen in deutschen Unternehmen nur in kleinen Schritten. Dabei nimmt Diversity – auch vor dem Hintergrund der Berichtspflicht – zunehmend einen höheren Stellenwert ein.

Mehr Anstrengungen in deutschen Unternehmen erforderlich

Ziel von Diversity ist es, Diskriminierung abzubauen sowie Chancengleichheit und eine vielfältige und heterogene Gesellschaft zu fördern. In der Arbeitswelt bedeutet Diversity, Benachteiligungen in Unternehmen zu vermeiden und die Vielfalt der Mitarbeitenden als Chance für den nachhaltigen Unternehmenserfolg zu nutzen („Diversity Management”). Damit verbundene Vorteile sind eine höhere Rentabilität, Anziehung von Talenten, Mitarbeitendenbindung, Förderung der Kreativität und Innovation, höhere Produktivität sowie ein verbessertes Unternehmensimage. Durch die Anerkennung und Wertschätzung der menschlichen Vielfalt sorgen Unternehmen auch dafür, dass Menschen ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Sie fühlen sich besser, gesünder, motivierter, haben mehr Ideen und melden sich weniger häufig krank.

Trotz wachsender Aufmerksamkeit für das Thema Inklusion gelingt das Vorankommen allerdings nur in kleinen Schritten. Der German Diversity Monitor spricht sogar von einem „Diversitäts-Stillstand in der deutschen Wirtschaft“. Veröffentlicht wird er regelmäßig vom in Düsseldorf ansässigen Netzwerk BeyondGenderAgenda, die Initiative zur Verankerung von Diversity, Equity & Inclusion (DEI) in der deutschen Wirtschaft. Es wird das Diversitätsengagement der DAX 40-Unternehmen bewertet und durch einheitlich angewendete Kriterien vergleichbar gemacht. Der Index wird auf Basis von vier Hauptkategorien berechnet:

  • Diversitätskennzahlen
  • Diversität ist Chefinnen- beziehungsweise Chef-Sache
  • Ressourcen für Diversitätsmanagement
  • Inklusives Arbeitsumfeld.

Mehr über Diversity und Nachhaltigkeit als HR-Job erfahren Sie in unserem Podcast:

Teilhabe am Arbeitsmarkt: Deutschland weit von Gleichberechtigung entfernt

In der zweiten Jahreshälfte 2023 hat der UN-Fachausschuss zur Behindertenrechtskonvention in Genf geprüft, wie es um die Inklusion in deutschen Unternehmen bestellt ist. Im Rahmen des Staatenprüfungsverfahrens hieß es, dass sich Deutschland bei der Inklusion „mehr anstrengen“ muss. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch der UN-Fachausschuss, der im September 2023 seine Bemerkungen zur Staatenprüfung veröffentlicht hat und forderte, dass die Bereiche Bildung, Wohnen und Arbeit weiter deinstitutionalisiert werden sollten. Kritisiert wurde zudem die mangelnde Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Raum. Gebäude und öffentliche Plätze, Arbeitsstätten und Wohnungen, Verkehrsmittel und Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungen und Freizeitangebote sollten so gestaltet werden, dass sie für alle ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Kritisiert wurde auch die geringe Anzahl von Übergängen von Menschen, die in Werkstätten arbeiteten, in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das elfte Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes zeichnet ein gespaltenes Bild:

  • Die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Beeinträchtigungen ist ebenso gesunken wie die Arbeitslosenquote. Dennoch werden Menschen mit Beeinträchtigung auf dem Arbeitsmarkt weiterhin strukturell diskriminiert.
  • Konjunkturelle Schwankungen und die unzureichende Einstellungsbereitschaft von Unternehmen stehen einer wirklichen Verbesserung der Inklusionslage entgegen.
  • Der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter den arbeitssuchend gemeldeten Menschen mit Beeinträchtigung hat sich leicht reduziert. Dennoch haben Menschen ohne Beeinträchtigung mehr als doppelt so hohe Chancen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden als Menschen mit Beeinträchtigung.
  • Jedes vierte Unternehmen, das eigentlich müsste, beschäftigt gar keinen Menschen mit Behinderung, sondern zahlt lieber die Ausgleichsabgabe.

Von einer Gleichberechtigung ist Deutschland noch immer weit entfernt – fast 15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf Teilhabe am Arbeitsmarkt beschreibt. Wirtschaft und Gesellschaft können es sich nicht länger leisten, gut ausgebildete Fachkräfte auszugrenzen. Auch Menschen mit Beeinträchtigung bergen enormes Potential für den deutschen Arbeitsmarkt.

Die Berichterstattung über Diversität und Inklusion im Unternehmen als zentraler Aspekt der CSRD

Diversity in Unternehmen ist auch gesetzlich vorgeschrieben. Sie muss in den Nachhaltigkeitsbericht mit aufgenommen werden. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) legen verstärkten Wert auf Diversity in Bezug auf das Top-Management (quantitative und qualitative Daten zur Zusammensetzung und Vielfalt der Verwaltungs-, Management- und Aufsichtsgremien müssen offengelegt werden), die eigene Belegschaft und die Wertschöpfungskette.

Unternehmen sind verpflichtet, hier quantitative und qualitative Daten zur Vielfalt im sozialen und governance-bezogenen Kontext offenzulegen. Diese Standards sind verpflichtend und müssen ab 2024 von allen Unternehmen offengelegt werden, die unter die CSRD fallen.

Maßnahmen zur Verbesserung der Inklusion

  • Unternehmensinvestitionen in Diversitäts- und Inklusionsbemühungen sind wichtig für das Arbeitsklima und ein entscheidender Teil der Personalmanagementstrategie.
  • Freiwillige Setzung verbindlicher Ziele (regelmäßige Überprüfung und transparente Kommunikation) und Vergütungsrelevanz dezidierter Diversitätsziele.
  • Überwindung von Einstellungswiderständen in Unternehmen
  • Unterstützung von jungen Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf vor allem bei der Berufswahl und dem Erwerb eines Abschlusses, um ihre Arbeitsmarktchancen zu verbessern.
  • Gleichstellungs-, Integrations- und Inklusionsbeauftragte sollten ihre Ressourcen, ihr Wissen und ihre Netzwerke bündeln und so besser nutzen.
  • Messung der Auswirkung von Diversität auf den Unternehmenserfolg.
  • Entwicklung einer Richtlinie für Inklusion (klare Verpflichtung zur Förderung von Vielfalt und positive Maßnahmen).
  • Aktive Bemühungen zur gezielten Rekrutierung von unterrepräsentierten Gruppen.
  • Durchführung von Schulungen zu Vielfalt und Inklusion (Bewusstseinsschärfung für das Thema und Förderung einer inklusive Unternehmenskultur: Empowerment-Seminare, barrierefreie Sitzungsräume).
  • Verbindliche Standards für die Dokumentation des Engagements für Vielfalt in Geschäfts- sowie Nachhaltigkeitsberichten (Erhöhung der Transparenz für die Stakeholder).

Staatliche Programme unterstützen Unternehmen oft zusätzlich mit finanziellen Mitteln und Beratung. Ein wichtiger Hebel für eine Verbesserung der Einstellungsbereitschaft sind die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber:innen (EAA). Interessierte Arbeitgeber erhalten hier kostenfreie Informationen hinsichtlich der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigung, einen Blick auf die Vorteile inklusiver Beschäftigung sowie hilfreiche Entlastung.


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