Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Dienstreise. sachlicher Zusammenhang. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. privates Telefonat. Sturz beim Gang zum Telefon im Hotelzimmer
Orientierungssatz
Stürzt ein Arbeitnehmer während einer Dienstreise in seinem Hotelzimmer beim Gang zum Telefon, scheidet die Annahme eines Arbeitsunfalls aus, wenn das geplante Telefonat auf ein privates Ereignis ausgerichtet war, das nicht der dienstlichen Verrichtung zugeordnet werden kann (hier: telefonische Bestellung eines Taxis für eine Fahrt zum Mietwagenverleih als Ausgangspunkt einer privaten Urlaubsreise).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) streitig.
Die 1953 geborene Klägerin leidet unter einer Polio-Erkrankung mit deutlich links betonten Ausfallerscheinungen. Sie nahm als Behindertenvertreterin auf Veranlassung ihres Arbeitgebers, der Stadt A-Stadt, in der Zeit vom 17. bis zum 19. Juni 2015 an einer internationalen Konferenz zum barrierefreien Bauen in europäischen Städten in C-Stadt teil. Während der Teilnahme an der Konferenz wohnte die Klägerin in einem Hotel. Mit Genehmigung des Arbeitgebers wollte die Klägerin am 20. Juni 2015 abreisen.
Am 20. Juni 2015, einem Samstag, wollte die Klägerin sodann in ihrem Hotelzimmer telefonisch ein Taxi für den Transport zum Flughafen rufen. Auf dem Weg zum Telefon im Hotelzimmer stürzte die Klägerin gegen 13:00 Uhr und zog sich eine distale Femurfraktur links zu, die stationär operativ behandelt werden musste.
Mit Bescheid vom 24. August 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 20. Juni 2015 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses ab. Zur Begründung gab sie an, dass bei der Durchführung von Dienstreisen nicht bei allen Verrichtungen gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe, sondern nur bei Tätigkeiten, die mit dem Beschäftigungsverhältnis und der betrieblich bedingten Dienstreise in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stünden. Kein Versicherungsschutz bestehe für Verrichtungen, die wesentlich allein dem privaten und eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzuordnen seien. Der Unfall der Klägerin habe sich in diesem privaten und eigenwirtschaftlichen Lebensbereich ereignet und unterfalle deshalb nicht dem Unfallversicherungsschutz. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, wonach eine besondere Betriebsgefahr der Übernachtungsstätte bestanden habe. Es könne somit auch dahingestellt bleiben, ob die bei der Klägerin bestehende Polioerkrankung rechtlich wesentlich für den Sturz gewesen sei.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 4. September 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung gab die Klägerin an, dass sie sich zum Zeitpunkt des Sturzes innerhalb des Hotelzimmers, aber nicht mehr im Badezimmer befunden habe, da die Morgentoilette bereits beendet gewesen sei. Ihr Gepäck sei fertig gepackt gewesen und sie sei auf dem Weg gewesen, das Zimmer zu verlassen. Das telefonische Rufen eines Taxis zum Flughafen habe zu ihrer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Dienstreise gehört. Es habe somit keine Unterbrechung der dienstlichen Tätigkeit stattgefunden.
Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin in einem Schreiben vom 19. Oktober 2015 zudem mit, dass sie am Abend des 19. Juli 2015 nach Ende der Konferenz noch ein dienstliches Gespräch mit Mitarbeitern der Stadt C-Stadt gehabt habe, welches erst gegen 17:30 Uhr beendet gewesen sei. Zu diesem Gespräch legte sie ein Bestätigungsschreiben der Stadt C-Stadt vor. Die Klägerin gab zudem an, dass es ihr aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, noch am 19. Juni 2015 in Rückflug anzutreten, da sie sonst die zulässige Dienstzeit von max. 10 Stunden überschritten hätte. Aufgrund einer bei ihr zusätzlich zur Polioerkrankung vorliegenden rheumatoiden Arthritis in den Fingergelenken beider Hände, welche zu einer teilweise mehrstündigen morgendlichen Steifigkeit der Fingergelenke führe, sei es ihr auch nicht möglich, frühmorgens Koffer zu packen und unter Zeitdruck eine Reise anzutreten. Aus diesem Grund habe sie am 20. Juni 2015 erst mittags aus dem Hotel auschecken wollen. Ab dem 22. Juni bis zum 2. Juli 2015 sei ein privater Urlaub geplant gewesen, den sie dann aufgrund des Unfalls nicht habe antreten können.
Die Stadt A-Stadt teilte der Beklagten in einem Schreiben vom 19. Oktober 2015 unter anderem mit, dass der Rückreisetag der Klägerin auf den 2. Juli 2015 datiert gewesen sei, da die Klägerin eine private Reise an die Dienstreise angeschlossen habe. Die Dienstreise habe mit dem Verlassen des Hotels am 20. Juni 2015 geendet. In einem anschließenden Telefonat teilte die Klägerin der Beklagten sodann mit, dass sie am 20. Juni 2015 das Taxi zum Flughafen habe nehmen wollen, um dort f...