Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. fristlose Kündigung eines Vertrages über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen. wiederholte Verstöße gegen Dokumentationspflichten
Leitsatz (amtlich)
Fristlose Kündigung eines Vertrages über die Durchführung häuslicher Pflegeleistungen wegen wiederholter Verstöße gegen die Dokumentationspflichten.
Orientierungssatz
Zur fristlosen Kündigung eines Vertrages über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen wegen wiederholter Verstöße gegen die Dokumentationspflichten.
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf € 67.500 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Kündigung eines Vertrages über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen nach §§ 132 Abs. 1, 132a Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die Antragstellerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und hatte letztmals mit Wirkung ab 01.10.2002 einen Vertrag über die Durchführung der Leistungen mit der Antragsgegnerin geschlossen.
Darin verpflichtete sich die Antragstellerin u. a., bei der Erbringung der häuslichen Krankenpflege den sachlichen Umfang und die jeweilige Uhrzeit des Leistungsbeginns der nach dem Vertrag erbrachten Leistungen auf dem Leistungsnachweis entsprechend Anlage 7 zum Vertrag zeitnah darzustellen, zu unterschreiben und vom Versicherten durch wöchentliche Unterschrift bestätigen zu lassen (§ 4 Abs. 6 Satz 1 des Vertrages). Vergütet werden sollen ausschließlich die von der Antragsgegnerin auf Basis der ärztlichen Verordnung genehmigten und von der Antragstellerin selbst erbrachten und ordnungsgemäß nachgewiesenen Leistungen (§ 24 Abs. 2 des Vertrages). Bei Nichterfüllung der gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten durch die Antragstellerin sieht § 29 Abs. 1 des Vertrages als mögliche durch die Antragsgegnerin zu ergreifende Maßnahmen Verweis, Abmahnung, Vertragsstrafe oder Kündigung des Vertrages vor. Letztere setzt, soll sie außerordentlich und damit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist erfolgen, voraus, dass die Antragstellerin ihre “gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten gegenüber den Versicherten„ der Antragsgegnerin oder der Antragsgegnerin selbst “derart gröblich verletzt, dass ein Festhalten an diesem Vertrag nicht zumutbar ist„ (§ 30 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages). Eine gröbliche Pflichtverletzung liege u. a. vor bei einer Abrechnung von Leistungen entgegen § 24 Abs. 2 des Vertrages (§ 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5). Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 kann der Vertrag von jedem Vertragspartner darüber hinaus mit einer Frist von neun Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres ganz oder teilweise gekündigt werden.
Mit Schreiben vom 05.12.2002 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, zu dem bei einer hausinternen Prüfung von Abrechnungsunterlagen aufgekommenen Verdacht Stellung zu nehmen, sie habe bei drei namentlich genannten Versicherten Pflegehelfer/-innen bei medizinischen Behandlungsleistungen eingesetzt. Die Antragstellerin gestand unter dem 11.12.2002 ein, bei der Abrechnung nicht den vorgegebenen Minderabrechnungssatz verwendet zu haben, widersprach aber der vermeintlich mangelnden Qualifikation der Pflegekräfte. Die Antragsgegnerin sprach infolgedessen unter dem 27.03.2003 eine Abmahnung aus. Neben dem bereits im Schreiben vom 05.12.2002 enthaltenem Vorwurf, nicht hinreichend qualifizierte Pflegekräfte eingesetzt zu haben, warf sie der Antragstellerin weitere Verstöße bei der Leistungsabrechnung für weitere namentlich genannte Versicherte vor. Diese und andere Verstöße, wie z. B. die regelmäßige nachträgliche Eintragung von Uhrzeiten auf den Leistungsnachweisen, seien von der Antragstellerin in einem persönlichen Gespräch am 10.03.2003 eingeräumt worden. Es verbleibe aber als Maßnahme bei einer Abmahnung.
Am 24.09.2003 wurde die Antragstellerin erneut zu vermuteten Vertragsverstößen angehört. Bei einer namentlich genannten Versicherten seien Leistungen auf den Leistungsnachweisen abgezeichnet und in Rechnung gestellt worden, obwohl sich die Versicherte nicht in ihrem Haushalt befunden habe. Die Antragsgegnerin sprach deshalb unter dem 28.10.2003 eine Ermahnung aus.
Mit Schreiben vom 19.07.2004 wurde der Antragstellerin vorgeworfen, bei zwei Versicherten unzulässigerweise eine Krankenpflegehelferin und eine Heilerziehungspflegerin zum Verbandswechsel eingesetzt, aber höhere Einsatzpauschalen in Rechnung gestellt zu haben. Die Antragstellerin räumte unter dem 02.08.2004 einen Abrechnungsfehler ein, woraufhin die Antragsgegnerin am 20.09.2004 eine weitere Ermahnung aussprach.
Am 15.06.2005 wurde die Antragstellerin wegen der vermuteten Abrechnung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege bei einem Versicherten, der sich aber im Krankenhaus aufgehalten habe, angehört. Die Antragstellerin bedauerte mit Schreibe...