Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf berufliche Weiterbildung zum Erzieher
Orientierungssatz
1. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden nach §§ 4, 33 SGB 9 erbracht, um die Erwerbsfähigkeit des behinderten Menschen möglichst auf Dauer zu sichern und ihn unabhängig vom Bezug anderer Sozialleistungen zu machen. Erwerbsfähig ist dabei, wer ein kalkulierbares Maß an Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit in ein Arbeitsverhältnis unter Wettbewerbsbedingungen einbringen kann.
2. Mitentscheidend ist, ob der Antragsteller über die Kompetenzen und die Belastbarkeit für den begehrten Beruf verfügt.
3. Gesetzgeberisches Ziel ist gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB 9, die Abhängigkeit von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder zu mindern. Gegenüber einem Sozialassistenten hat ein Erzieher bessere Verdienstmöglichkeiten. Bei Eignung zum Erzieher kann eine weitgehende Unabhängigkeit von Sozialleistungen erreicht werden. Dies gilt erst recht, wenn der Behinderte verheiratet ist und Kinder hat.
4. Ziel und Erforderlichkeit der Maßnahme sind Tatbestandsmerkmale, deren Vorliegen nicht im Ermessen des Leistungsträger liegen. Ein Auswahlermessen ergibt sich erst dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt und mehrere gleich geeignete Maßnahmen gegeben sind.
Tenor
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird der Bescheid vom 09.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2015 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller eine berufliche Weiterbildung zum Erzieher zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Kostenübernahme für eine Ausbildung zum Erzieher.
Bei dem 1961 geborenen Antragsteller handelt es sich um einen Menschen mit Behinderung bzw. einem solchen gleichgestellten i. S. v. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Er ist verheiratet und hat ein Kind. Die Familie lebt derzeit vom Übergangsgeld der Antragsstellers, über weiteres Einkommen verfügt sie nicht.
Der Antragsteller ist gelernter CNC-Dreher und war zuletzt im Jahre 2007 als Maschinenbediener tätig. Aus gesundheitlichen Gründen konnte er dies nicht fortführen. Von September 2008 bis September 2009 erfolgte eine Weiterbildung zum Haustechniker. Diese führte jedoch trotz Bemühungen nicht zu einer Integration auf dem Arbeitsmarkt.
Daraufhin stellte der Antragsteller erstmalig am 02.02.2011 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Ausbildung zum Erzieher. Die Antragsgegnerin lehnte dies zunächst mit Bescheid vom 03.02.2011 mit der Begründung ab, das die Ausbildung zum Erzieher drei Jahre dauern würde und die Integrationsaussichten auf dem Arbeitsmarkt negativ seien. Auf den Widerspruch des Antragstellers bewilligte die Antragsgegnerin dann Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Kostenübernahme für eine Ausbildung zum Sozialassistenten. Der Entscheidung der Antragsgegnerin lag die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung von Dr. E. vom 22.06.2012 zu Grunde. Danach hat der Antragsteller seine Eignung für den begehrten Berufszweig nachgewiesen.
In der Folge holte der Antragsteller im Jahr 2013 seinen Realschulabschluss nach und durchlief bislang erfolgreich die Ausbildung zum Sozialassistenten, welche er voraussichtlich im Juli 2015 abschließen wird. Zum 01.08.2015 hat der Antragsteller eine Schulplatzzusage als Schüler in der Fachschule Sozialpädagogik der F. für die Ausbildung zum Erzieher.
Am 16.01.2015 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Kostenübernahme für eine Ausbildung zum Erzieher. Er begründete dies damit, dass dieser Beruf seit seiner Zeit als 1-Euro-Jobber im Kindergarten im Januar 2011 sein größter Wunsch sei. Ausweislich seiner Antragsbegründung vom 16.01.2015 wäre er bei einer Tätigkeit als Sozialassistent zudem aufgrund des sehr überschaubaren Verdienstes finanziell weiter auf Sozialleistungen angewiesen. Er legte zudem seine bisherigen Zeugnisse der Evangelischen Berufsfachschule der G. aus U. vom 30.07.2014, eine Bescheinigung der G. vom 17.02.2015 sowie eine Bescheinigung seiner derzeitigen Praktikumsstätte, der Kindertagesstätte H. in Nienhagen, vom 18.02.2015 vor. Ausweislich des Zeugnisses vom 30.07.2014 verdienen das Arbeits- und Sozialverhalten des Antragstellers besondere Anerkennung. Nach den ausführlichen schriftlichen Bescheinigungen der Ausbilder vom 17. und 18.02.2015 ist der Antragsteller in einem hohen Maße motiviert und besonders für den Beruf als Erzieher geeignet. Ausweislich der in der Akte befindlichen Beurteilungen vom 01.12.2013 und 07.01.2015 der Berufsfachschule für Sozialassistenten der G. in U. erreicht der Antragsteller in den 23 Bewertungsfragen herausragende Noten, zuletzt auf einer Skala von 1 - 9 ganz überwiegend 8, häufig 9 und zum Teil die 7.
Mit Bescheid vom 09.02.2015 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für die Weiterbildung zum Erzieher ab und begründete dies dami...