Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der Anwartschaftszeit. sonstiger Versicherungspflichtiger. Begriff der Unmittelbarkeit. Unterbrechung zwischen zwei Versicherungspflichttatbeständen. keine zeitliche Höchstgrenze. Einzelfallentscheidung. Teilnahme an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben
Leitsatz (amtlich)
Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Unmittelbarkeit in § 26 Abs 2 SGB 3 wird kein rein zeitliches Erfordernis aufgestellt; es gibt auch keine abstrakte Höchstgrenze für eine unschädliche Unterbrechung. Nach Sinn und Zweck des Unmittelbarkeitserfordernisses in § 26 SGB 3 kommt es entscheidend auf die für die Lücke ursächlichen Umstände des Einzelfalls an.
Orientierungssatz
Aktenzeichen beim LSG: L 7 AL 125/15
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2013 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 23.09.2013 bis 12.11.2013 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 23.09.2013.
Der 1961 geborene Kläger war vom 11.02.1991 bis zum 30.11.2012 bei der Fa. C. abhängig beschäftigt, zuletzt als Produktionsmitarbeiter. Während dieser Zeit erkrankte er mehrfach arbeitsunfähig - zuletzt über einen längeren Zeitraum, was schließlich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führte. Nach Ablauf der arbeitgeberseitigen Entgeltfortzahlung bezog der Kläger vom 08.08.2011 bis 31.10.2011 Krankengeld von seiner Krankenkasse. Im Anschluss daran absolvierte er auf Kosten seines Rentenversicherungsträgers eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben, um seine Aussichten zur beruflichen Integration zu verbessern. Während dieser Zeit (01.11.2011 bis 31.07.2012) erhielt er Übergangsgeld. Da er ab 30.07.2012 erneut arbeitsunfähig war, zahlte ihm seine Krankenkasse in der Folgezeit bis zum 22.09.2013 wiederum Krankengeld (unterbrochen durch die Gewährung von Übergangsgeld seitens des Rentenversicherungsträgers wegen einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 14.08.2013 bis 18.09.2013). Dabei ging sie davon aus, dass der Kläger während seines Leistungsbezugs vom 01.08.2012 an nicht mehr beitragspflichtig in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei. Demgegenüber sah der Rentenversicherungsträger die Zeit vom 14.08.2013 bis 18.09.2013 insoweit als versicherungspflichtig an.
Nach der Aussteuerung meldete sich der Kläger am 19.09.2013 mit Wirkung zum 23.09.2013 persönlich bei der Beklagten arbeitslos. Seinen damit verbundenen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2013 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil er in der maßgebenden Rahmenfrist vom 24.12.2010 bis 22.09.2013 weniger als zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger, vertreten durch seine Bevollmächtigten, fristgerecht Widerspruch. Zur Begründung verwies er später auf sein Arbeitsverhältnis, das bis zum 30.11.2012 bestanden habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2013 wurde der Widerspruch von der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Die Rahmenfrist verlängere sich um die Dauer der Zeit, in der der Kläger von seinem Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten habe. Das damals bezogene Übergangsgeld begründe indes keinen Versicherungspflichttatbestand. Deshalb sei auch der nachfolgende Krankengeldbezug nicht mehr versicherungspflichtig gewesen; hierzu fehle es an dem Erfordernis der unmittelbaren Anknüpfung an einen vorangegangenen Versicherungspflichttatbestand.
Der Kläger hat am 19.12.2013 (Eingangsdatum), vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben. Mit Wirkung ab 01.03.2014 ist ihm von seinem Rentenversicherungsträger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt worden (Bescheid vom 12.11.2013).
Er beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 23.09.2013 bis 12.11.2013 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
22.11.2013 war aufzuheben, da er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit v...