Rz. 35
Voraussetzung für die Kürzung des Krankengeldes ist, dass die Rente/Leistung von einem Zeitpunkt
- nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder
- wenn am ersten Tag keine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen wurde – von dem Zeitpunkt nach Beginn der stationären Behandlung
an zuerkannt wird. Als Zeitpunkt der Zuerkennung der Rente wird nicht auf den Tag abgestellt, an dem der Rentenbescheid erstellt wurde, sondern auf den Zeitpunkt, von dem an die Rente dem Versicherten (auch rückwirkend) zusteht (BSG, Urteil v. 6.6.1991, 3 RK 24/88).
Diese Grundsätze gelten auch, wenn der erste Tag der Rente/Leistung in eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit fällt, in der der Anspruch auf Krankengeld wegen der Entgeltfortzahlung (§ 3 EFZG) ruht; das Krankengeld ist dann sofort nach Ablauf der Entgeltfortzahlung zu kürzen (BSG, Urteil v. 25.3.1971, 5 RKn 26/70).
Beginn die Arbeitsunfähigkeit am 1.6.
Beginn der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung am 1.8.
Ergebnis:
§ 50 Abs. 2 ist anzuwenden. Das Krankengeld wird um den Zahlbetrag der Rente gekürzt, weil die Rente nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beginnt.
Beginnt eine der o. g. Renten und der Krankengeld i. S. des § 46 am gleichen Tag, ist eine Kürzung nicht vorzunehmen (BSG, Urteile v. 20.3.1969, 3 RK 96/67, und v. 30.5.1967, 3 RK 29/67).
Zur Begründung verweist das BSG darauf, dass sich die Minderung der Leistungsfähigkeit bei einer Zuerkennung der verdrängenden Rentenleistung vor oder gleichzeitig mit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der stationären Behandlung üblicherweise schon auf die Höhe des Krankengeldanspruchs auswirke (BSG, Urteil v. 4.6.2019, B 3 KR 15/18 R, und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 23.9.2021, L 2/12 R 159/20).
Beispiel 1
Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 1.6.
Beginn der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ebenfalls zum 1.6.
Ergebnis:
Da die Rente zeitgleich mit der Arbeitsunfähigkeit beginnt, wird das Krankengeld nicht gekürzt.
Beispiel 2
Beginn einer Teilrente wegen Alters am 1.3.
Der Rentenbezieher übt unter Berücksichtigung erlaubter Hinzuverdienstgrenzen seit langer Zeit eine Teilzeitbeschäftigung aus und ist daher als Arbeitnehmer mit Anspruch auf Krankengeld bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert.
Arbeitsunfähigkeit vom 1.8. bis a.W.
Ergebnis:
Es erfolgt keine Kürzung des Krankengeldes, da die Rente nicht nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beginnt (Anmerkung: Der Krankengeldberechnung liegt ja schon ein Bemessungszeitraum zugrunde, bei dem der Verdienst aus der Teilzeitbeschäftigung zugrunde lag).
Rz. 36
Wurde z. B. für eine Zeit, für die nachträglich eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt wird, noch überhaupt kein Krankengeld ausgezahlt, ist ab dem Tag, an dem die Krankenkasse von der Rente erfährt, kein ungekürztes Krankengeld mehr nachzuzahlen. Anspruch besteht dann nur noch auf ein in der Höhe entsprechend gekürztes Krankengeld. Ob der Krankenkasse für das bisher noch nicht ausgezahlte volle Krankengeld ein Verschulden trifft (z. B. schleppende Bearbeitung), spielt keine Rolle. Auch der Unterschiedsbetrag zwischen Rente und Krankengeld kann nicht als Herstellungsanspruch nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzlichen von der Krankenkasse verlangt werden (in Anlehnung an das Urteil des BSG v. 8.3.1990, 3 RK 9/89).
Wird eine anzurechnende Rente rückwirkend bewilligt, konnte aber wegen der rückwirkenden Rente nicht rechtzeitig eine Kürzung des Krankengeldes vorgenommen werden, hat die Krankenkasse einen Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger in Höhe der Rente (vgl. Rz. 28).