Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes enthalten schon bisher Regelungen zur Teilzeitarbeit, die die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege von Angehörigen erleichtern sollen.
§ 11 Abs. 1 TVöD bestimmt:
Mit Beschäftigten soll auf Antrag eine geringere als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen tatsächlich betreuen oder pflegen und dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Die Teilzeitbeschäftigung ist auf Antrag der/des Beschäftigten auf bis zu 5 Jahre zu befristen, sie kann verlängert werden. Bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat der Arbeitgeber im Rahmen der dienstlichen/betrieblichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation der Beschäftigten mit pflegebedürftigen Angehörigen Rechnung zu tragen.
Das Verhältnis der Regelungen im TVöD zum PflegeZG und FPfZG ist insbesondere deshalb interessant, weil die tarifliche Regelung
- teilweise über die gesetzlichen Ansprüche hinausgeht, so gibt es zum Beispiel für die Verminderung der Arbeitszeit nach § 11 TVöD eine Höchstgrenze von 5 Jahren (mit Verlängerungsoption), während das PflegeZG die Teilzeitarbeit auf 6 Monate und das FPfZG diese auf 24 Monate begrenzt,
- teilweise hinter den gesetzlichen Bestimmungen zurückbleibt, insbesondere hinsichtlich des im Gesetz vorgesehenen besonderen Kündigungsschutzes.
Der gesetzliche Anspruch geht als höherrangiges Recht dem tariflichen Anspruch grundsätzlich vor. Tarifliche Regelungen, die den gesetzlichen Regelungen widersprechen, sind unwirksam.
Soweit der Tarifvertrag für die Beschäftigten günstigere Regelungen enthält, geht Letzterer jedoch dem PflegeZG/FPfZG vor.
Ein Hintereinanderschalten der Ansprüche – erst eine teilweise Freistellung nach dem PflegeZG und FPfZG, dann eine Reduzierung der Arbeitszeit nach § 11 TVöD – ist denkbar.
Es bleibt grundsätzlich dem Beschäftigten überlassen, ob er den Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit auf das PflegeZG, das FPfZG oder auf den Tarifvertrag stützt. Der Beschäftigte kann und muss jedoch bestimmen, welche Vorschrift Grundlage des Verlangens sein soll.
Im Zusammenwirken der gesetzlichen Regelung im PflegeZG und FPfZG mit den bereits bestehenden tariflichen Regelungen ergibt sich Folgendes:
- Hinsichtlich einer Reduzierung der Arbeitszeit zur häuslichen Pflege naher Angehöriger empfiehlt sich aus Sicht der/des Beschäftigten, den Anspruch zunächst auf § 3 PflegeZG und § 2 FPfZG zu stützen. Die/der Beschäftigte kann eine Reduzierung der Arbeitszeit und auch eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit verlangen, die der Arbeitgeber nur aus dringenden betrieblichen Gründen verweigern kann. Die/der Beschäftigte genießt besonderen Kündigungsschutz. Nach Ablauf der 6-monatigen Pflegezeit bzw. der längstens 24-monatigen Familienpflegezeit erhöht sich die Arbeitszeit wieder auf die vor Beginn der Pflegezeit gültige Wochenarbeitszeit.
Ist die Pflegenotwendigkeit weiterhin gegeben, so kann die/der Beschäftigte für die Zeit nach der gesetzlichen Teilfreistellung eine befristete Reduzierung der Arbeitszeit beantragen, jetzt gestützt auf § 11 TVöD.
War die Arbeitszeit des Beschäftigten bereits nach dem PflegeZG/FPfZG reduziert und in einer bestimmten Weise verteilt, so kann der Arbeitgeber kaum dringende dienstliche/betriebliche Gründe geltend machen, die einer Fortsetzung der Teilzeitarbeit entgegenstehen.
Der besondere Kündigungsschutz besteht während einer Teilzeitarbeit nach § 11 TVöD jedoch nicht mehr.
Tariflich nicht geklärt ist, welche Frist der Arbeitnehmer für den Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit nach Ablauf der Pflegezeit/Familienpflegezeit einhalten muss.
Der TVöD enthält für die Erstantragstellung keine Frist, sodass der Beginn der Teilzeitarbeit vereinbart werden muss. Die in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVöD vorgesehene Frist, wonach der Antrag auf Verlängerung einer befristeten Reduzierung der Arbeitszeit spätestens 6 Monate vor Ablauf der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu stellen ist, gilt nach dem Tarifwortlaut nur für die Verlängerung einer bereits auf der Basis des § 11 TVöD vereinbarten befristeten Teilzeitbeschäftigung.
Im Hinblick insbesondere auf die sehr kurze Ankündigungsfrist, die das PflegeZG für die Reduzierung der Arbeitszeit vorsieht, ist eine analoge Anwendung der 6-Monats-Frist auf die "Verlängerung" der Teilzeitarbeit nach Ablauf der Pflegezeit/Familienpflegezeit abzulehnen. Die/der Beschäftigte müsste sonst bereits am 1. Tag der teilweisen Freistellung nach dem PflegeZG bei seinem Arbeitgeber die "Verlängerung" der Teilzeitarbeit über die gesetzliche Freistellung hinaus beantragen. Dies erscheint nicht sachgerecht.
Der Arbeitgeber wird verlangen können, dass die Fortsetzung der verminderten Arbeitszeit auf der Grundlage des § 11 TVöD mit einer angemessenen Frist vor Ablauf der Pflegezeit/Familienpflegezeit beantragt wird. Bei Inanspruchnahme von Pflegezeit nach einer Familienpflegezeit sieht §...