2.9.2.1 Anspruch auf vorrangige Berücksichtigung bei der Stellenbesetzung
Nach § 9 TzBfG hat der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen. Die Vorschriften in §§ 8 und 9 TzBfG sollen den Wechsel von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit und umgekehrt erleichtern. Deshalb räumt § 9 TzBfG dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf Rückkehr bzw. Übernahme einer erhöhten Arbeitszeit ein.
Die Vorschrift gilt einerseits für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die zuvor ihre Arbeitszeit verringert haben und nun zur früheren Arbeitszeit zurückkehren wollen, andererseits auch für in Teilzeit eingestellte Arbeitnehmer, die den Wunsch haben, ihre Arbeitszeit zu verlängern.
Von der Definition des Begriffs "Teilzeitbeschäftigung" in § 2 TzBfG ist auch die geringfügige Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV erfasst. Somit haben auch die sog. 450-EUR-Kräfte einen Anspruch nicht nur auf Arbeitszeitverlängerung, sondern sogar auf eine Vollzeittätigkeit. Aushilfen können grundsätzlich einen höheren Beschäftigungsumfang fordern, vorausgesetzt, ein entsprechender freier Arbeitsplatz ist vorhanden und die notwendige Eignung liegt vor.
Dem Wunsch des Arbeitnehmers nach Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit dürfen keine dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen.
2.9.2.2 Vorhandensein eines "entsprechenden Arbeitsplatzes"
Der Anspruch auf eine Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit besteht, wenn ein entsprechender Arbeitsplatz mit längerer Arbeitszeit vorhanden und frei ist, z. B. ein Vollzeitarbeitsplatz neu zu besetzen ist.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, zusätzliche Vollzeitstellen bzw. Teilzeitstellen mit entsprechend längerer Arbeitszeit zu schaffen.
Ein "entsprechender" Arbeitsplatz ist gegeben, wenn auf dem zu besetzenden freien Arbeitsplatz die gleiche oder eine zumindest vergleichbare Tätigkeit auszuüben ist, wie sie der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer schuldet, der den Wunsch nach einer Verlängerung der Arbeitszeit angezeigt hat.
Das schließt ein, dass der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aufgrund seiner bisher ausgeübten Tätigkeit die erforderliche Eignung und Qualifikation hat.
Die zu besetzende Stelle muss inhaltlich vergleichbar sein mit dem Arbeitsplatz, auf dem der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ausübt. Beide Tätigkeiten müssen in der Regel dieselben Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung des Arbeitnehmers stellen. Die Tätigkeiten müssen grundsätzlich derselben Entgeltgruppe zuzuordnen sein.
Ausnahmsweise besteht der Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit auch dann, wenn mit der Verlängerung ein Wechsel auf einen Arbeitsplatz mit einer höherwertigen Tätigkeit verbunden ist. Dies kann eintreten, wenn der Arbeitnehmer vor Inanspruchnahme der Teilzeitarbeit in der höherwertigen Tätigkeit beschäftigt war.
Nach § 6 TzBfG hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmern "auch in leitenden Positionen", also Führungskräften, Teilzeitarbeit zu ermöglichen, was in der Praxis jedoch häufig nicht beachtet wird. Ist in einem Betrieb/einer Einrichtung aufgrund einer organisatorischen Vorgabe des Arbeitgebers Teilzeitarbeit lediglich auf einer niedrigeren Hierarchieebene als der bisher vom Beschäftigten eingenommenen zugelassen, so mag dies § 6 TzBfG widersprechen. Jedenfalls führt eine solche Vorgabe dazu, dass dem Mitarbeiter ein Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit in höherwertigen Positionen zustehen kann.
In den Kindergärten einer Kommune arbeiten die Erzieherinnen regelmäßig in Teilzeit, während die Kindergartenleiterinnen aufgrund einer Vorgabe der Kommune ausschließlich in Vollzeit oder Teilzeit mit mindestens 30 Wochenstunden beschäftigt sind. Eine Kindergartenleiterin beantragte eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden, um ihre pflegebedürftige Schwiegermutter zu pflegen. Sie war bereit, in die Tätigkeit einer Erzieherin im Gruppendienst zu wechseln und schloss mit dem Arbeitgeber einen entsprechenden Änderungsvertrag. 1 Jahr später beantragte die Mitarbeiterin eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit und bemühte sich, ihre frühere Tätigkeit als Kindergartenleiterin wieder aufnehmen zu können. Sie bewarb sich auf 5 zur Besetzung ausgeschriebene Stellen einer Kindergartenleitung mit höherem Beschäftigungsumfang – erfolglos, der Arbeitgeber besetzte die Stellen jeweils anderweitig.
In einem solchen Fall besteht ausnahmsweise ein Anspruch auf Übernahme des höherwertigen Arbeitsplatzes. Lässt der Arbeitgeber Teilzeitarbeit lediglich auf einer niedrigeren Hierarchiestufe zu, so bewirkt dies eine Selbstbindung des Arbeitgebers. Für den späteren Wun...