6.1 Fehlende Vereinbarung zur Dauer der Arbeitszeit – fiktive Wochenstundenzahl von 20 Stunden
Nach § 12 TzBfG können Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG).
Ist die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Arbeit-auf-Abruf-Vertrag nicht festgelegt, so gilt bisher eine Arbeitszeit von 10 Stunden wöchentlich kraft Gesetzes als vereinbart (§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG a. F.).
Mit dem "Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit" hat der Gesetzgeber die bei fehlender Vereinbarung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit kraft Gesetzes geltende fiktive Arbeitszeit auf 20 Stunden verdoppelt.
Ruft der Arbeitgeber diese Arbeitszeit nicht innerhalb des vereinbarten Bezugszeitraums ab, gerät er nach §§ 296, 615 BGB in Annahmeverzug und muss diese Zeiten trotzdem bezahlen.
Haftungsfalle für Betriebsprüfungen
Die praktische Bedeutung dieser Änderung ist enorm. Das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung zur Dauer der Arbeitszeit kann neben dem Annahmeverzugsrisiko insbesondere zu einer Haftungsfalle für Betriebsprüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung Bund – vor allem bei Minijobs – führen.
Ob statt der Vereinbarung einer bestimmten Wochenarbeitszeit auch die Vereinbarung einer Monats- oder Jahresarbeitszeit zulässig ist, ist von der Rechtsprechung nicht endgültig geklärt. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich anlässlich der Änderung des § 12 TzBfG keine Änderungen vorgenommen. Mit Blick auf den Gesetzeswortlaut (Vereinbarung einer "bestimmten Dauer der wöchentlichen … Arbeitszeit") empfiehlt es sich, eine bestimmte Wochenarbeitszeit zu vereinbaren und diese sodann flexibel auszugestalten. Es wird überwiegend als zulässig angesehen, die Wochenarbeitszeit auf einen längeren Zeitraum als die Woche zu flexibilisieren.
6.2 Vereinbarung einer Mindest- oder Höchstarbeitszeit
Bereits bisher ist es nach der Rechtsprechung des BAG zulässig zu vereinbaren, dass die im Vertrag festgelegte Wochenstundenzahl in einem bestimmten Umfang über- oder unterschritten wird. Damit lässt das BAG im Ergebnis die Vereinbarung eines Arbeitszeitkorridors zu.
Der Gesetzgeber hat dies nun, 13 Jahre nach Verkündung des BAG-Urteils, im Gesetz kodifiziert. Die neue gesetzliche Regelung entspricht der bereits seit 2005 existierenden Rechtsprechung des BAG.
Mit der Begründung, Arbeitnehmern, die Arbeit auf Abruf leisten, mehr Planungs- und Einkommenssicherheit zu geben, wird die mögliche abrufbare Zusatzarbeit beschränkt.
- Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 TzBfG).
- Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 TzBfG).
Ob der Abruf zusätzlicher Arbeitsleistung bei einer Mindestarbeitszeit bzw. der Weniger-Abruf ausdrücklich vereinbart sein muss, ist nach dem Gesetz unklar. Mit Blick auf die Rechtsprechung zu Formulararbeitsverträgen empfiehlt es sich daher, das Volumen der zusätzlich bzw. minderabrufbaren Arbeitsleistung im Arbeit-auf-Abruf-Vertrag ausdrücklich zu vereinbaren.
Unzulässig ist die Kombination von Mindest- und Höchstarbeitszeit.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren eine Mindestarbeitszeit von 30 Stunden.
- Vereinbart werden kann, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, bis zu 7,5 Stunden wöchentlich zusätzlich abzurufen (25 %).
Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren eine Höchstarbeitszeit von 37,5 Stunden.
Vereinbart werden kann, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, bis zu 7,5 Stunden wöchentlich weniger abzurufen (20 %), die der Arbeitgeber dann auch nicht bezahlen muss.
Entspricht der variabel vereinbarte Arbeitszeitanteil nicht diesen gesetzlichen Anforderungen, ist die gesamte Vereinbarung zur Arbeitszeitdauer unwirksam. Über eine ergänzende Vertragsauslegung ist darauf abzustellen, was redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel bedacht hätten. Die ergänzende Vertragsauslegung geht dem Rückgriff auf § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG vor.
6.3 Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Feiertagen – neue Durchschnittsberechnung
Wird ein Arbeitnehmer, der Arbeit auf Abruf leistet, arbeitsunfähig krank, so stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat. Nach § 3 EFZG ist einem Arbeitnehmer im Krankheitsfall und an Feiertagen das ihm zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Zur Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts ist nach § 4 Abs. 1 EFZG die für den Arbeitnehmer an dem Tag des Arbeitsausfalls maßgebende regelmäßige Arbeitszeit zugrunde zu legen.
Für Arbeit auf Abruf ist nunmehr neu festgelegt, dass zur Bestimmung der regelmäßigen Ar...