Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung aus Haushaltsgründen

 

Leitsatz (amtlich)

Im Streit über die Wirksamkeit einer auf Haushaltsgründe gestützten Befristung hat der öffentliche Arbeitgeber substantiiert darzulegen, dass der befristet eingestellte Arbeitnehmer in eine der vom Haushaltsgesetzgeber nur vorübergehend freigegebenen Stellen eingewiesen wurde.

 

Normenkette

BGB § 620

 

Verfahrensgang

ArbG Jena (Aktenzeichen 3 Ca 438/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 21.02.1997, 3 Ca 438/96, abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der im Vertrag vom 27.09.1994 vereinbarten Befristung zum 31.07.1996 beendet worden ist.

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Horterzieherin an einer Grundschule im Schulamtsbezirk S. bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin war nach dem Arbeitsvertrag vom 27.09.1994 befristet vom 07.09.1994 bis 31.07.1996 als Erzieherin (Halbtagskraft) am Hort der Grundschule S./Schulamtsbezirk S. gegen eine Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT-O beschäftigt. Der Haushaltsplan des Beklagten für das Jahr 1993 weist im Einzelplan 04 Kapitel 05 für die allgemeinbildenden Schulen insgesamt 30 008 Angestelltenstellen aus, darunter 2 149 V c-Stellen und 1 906 VI b-Stellen. Ohne Aufteilung auf Schularten und Vergütungsgruppen sind 2 550 Stellen mit einem unbefristeten kw-Vermerk versehen. Dieser kw-Vermerk ist im Haushaltsplan für den Hortbereich dahingehend erläutert, dass jede freiwerdende Stelle bis zur Höchstzahl von 250 Vollzeitstellen mit Teilzeit- bzw. Honorarkräften befristet für höchstens drei Jahre zur Abdeckung des Spitzenbedarfs in Horten und Einrichtungen zur Hortbetreuung neu besetzt werden darf. Der Haushaltsplan für das Jahr 1994 weist 1 074, für das Jahr 1995 1 031 und für das Jahr 1996 982 VI b-Stellen aus. Davon sind jeweils 250 Stellen als 1996 wegfallend bezeichnet. Die Parteien streiten darüber, ob die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses aus Haushaltsgründen gerechtfertigt ist. Es geht darum, ob die Klägerin in eine der vom Haushaltsgesetzgeber nur vorübergehend zur Verfügung gestellten 250 VI b-Stellen eingewiesen wurde.

Das Arbeitsgericht hat die am 21.08.1996 erhobene Entfristungsklage mit Urteil vom 21.02.1997 abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 09.06.1998 zurückgewiesen (7 Sa 355/97), das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 03.11.1999, 7 AZR 579/98) das Berufungsurteil auf die zugelassene Revision wegen unzureichender Tatsachenfeststellung aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – zurückverwiesen.

Nach der vom Bundesarbeitsgericht verlangten Sachverhaltsaufklärung ist unstreitig geworden, dass die Bewirtschaftung der 250 kw-Stellen nach Vergütungsgruppe VI b dem Landesverwaltungsamt mit der Maßgabe übertragen wurde, dass sie nach Zuweisung an die einzelnen Schulämter für die befristete Einstellung von Teilzeitbeschäftigten und Honorarkräften in Grundschulhorten verwendet werden. Auf das Schreiben des Thüringer Kultusministeriums vom 22.09.1993 wird Bezug genommen (Bl. 224/225 d. A.). Ende 1993 fand im Landesverwaltungsamt eine Konferenz statt, an der sämtliche Schulamtsleiter teilnahmen. Dort wurde mündlich mitgeteilt, dass 250 kw-Stellen der Vergütungsgruppe VI b verteilt werden für Horterzieher. Der Abschluss der Fristverträge mit den Horterziehern wurde den Schulämtern übertragen. Das stellenbewirtschaftende Landesverwaltungsamt erstellte keine Stellenübersicht. Nachweise zur Stellenüberwachung und -besetzung wurden nicht geführt. Welche der 250 kw-Stellen nach Vergütungsgruppe VI b dem Schulamt S. bzw. der Grundschule in S. zugewiesen und wer in diese Stellen eingewiesen wurde, ist nicht dokumentiert. Vorhanden ist ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes an die Staatlichen Schulämter vom 22.10.1993 mit der Bitte um alsbaldige telefonische Rückmeldung der neu eingestellten Erzieher (Bl. 226 d. A.) und eine Mitteilung des Staatlichen Schulamtes S. an das Landesverwaltungsamt vom 09.05.1996, wonach die Klägerin als Erzieher (50 %) mit befristetem Arbeitsvertrag an der Grundschule S. beschäftigt wird (Bl. 227/229 d. A.).

Die Berufung meint, die gegen Haushaltsrecht verstoßende Stellenbewirtschaftung spreche für sich. Der Beklagte könne nicht darlegen, dass die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 27.09.1994 gerade in eine der VI b-Stellen mit kw-Vermerk eingewiesen worden sei. Davon abgesehen sei eine Vergütung nach Vergütungsgruppe V c vereinbart worden, was der Tariflage entsprochen habe (VergGr. V c Fallgr. 6 BAT-O/Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst). Der vom Beklagten behauptete Bewährungsaufstieg gehöre in den Bereich der Legendenbildung.

Die Berufung beantr...

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